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Bundespolizei: So arbeiten Hundeführer mit ihren Diensthunden

Diensthunde und Hundeführer der Bundespolizei

SOURCE: ©dpa/Jens Wolf

Die Bundespolizei beschäftigt rund 600 Hunde. Sie helfen an Bahnhöfen, Flughäfen oder bei Demonstrationen. Ihre Ausbildung ist aufwendig. Hund und Hundeführer eint ein ganz spezielles Verhältnis.

Das ältere Ehepaar am Hauptbahnhof weiß noch nicht, was es erwartet. Arglos sitzt es nachmittags auf einer Bank am Bahnsteig und isst Currywurst. Durchsagen ertönen, Züge fahren ein und aus. Auf einer benachbarten Bank sitzt ein verwahrloster Mann: dreckige Jeans, zu große Jacke, klobige Schuhe. Er redet laut und pöbelt. Da nähert sich eine Frau mit Hund – sie tragen den Schriftzug „Polizei“ auf Weste und Geschirr. „Guten Tag, die Bundespolizei„, stellt sich Katrin Scheller mit fester Stimme vor. „Personenkontrolle. Ihren Ausweis bitte.“

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Diensthunde-Einsatz „wie im Film“

Der Mann reagiert nicht. „Haben sie Reiseabsichten?“, fragt die Polizeioberkommissarin unbeirrt, während der Vierbeiner den Mann nicht aus den Augen lässt. Die Stimmung ist angespannt, dem älteren Paar ist nicht ganz wohl. „Sind wir hier falsch?“, fragt die Frau, die schon an den äußersten Rand der Bank gerutscht ist. Misstrauisch und neugierig beäugen beide das Geschehen, wie viele andere Reisende auch. Längst zeichnen Smartphones Videos von der Szene auf. Plötzlich springt der komisch gekleidete Mann auf, schreit laut, gestikuliert wild – und hat sofort den Hund am Arm hängen. Das Paar ist erschrocken. „Wie im Film“, sagt der Mann.

„Das war schon sehr gut“, lobt Sven Scharfenberger, nachdem Scheller den Hund mit dem Ruf „Aus!“ vom Arm gelöst hat. Scharfenberger ist einer von 70 Diensthundelehrwarten der Bundespolizei. Er ist der Mann auf der Bank. Das Rollenspiel am Magdeburger Bahnhof dient der Hundeausbildung. Die Jacke ist deshalb so groß und sperrig, weil sie einen Beißarm enthält.

Diensthund als Eigenschutz für Hundeführer

Darin hat sich Keks in dem Moment verbissen, als Scharfenberger seine Hundeführerin angegriffen hat. „Keks ist gerade einmal 14 Monate alt und macht seit Kurzem eine Ausbildung zum Schutzhund“, sagt Scharfenberger. „Und dafür, dass er noch ein Jungspund ist, war das schon beeindruckend.“ Nicht immer dürfen die Hunde beißen, manchmal reicht ein Verbellen oder ein Stoßen, wenn sie einen Beißkorb tragen. „Der Hund dient dem Eigenschutz und ist Hilfsmittel zur Anwendung körperlicher Gewalt.“

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Der Malinois mit dunklem Kopf

Dann setzt sich der 46-Jährige wieder auf die Bank. Dem Ehepaar schwant Böses. Um die Ecke kommen Hundeführer Ulf Ratajski und Max. Der Hund ist größer als Keks, hat einen imposant dunklen Kopf, ist aber von gleicher Rasse. „Das sind Malinois, die kurzhaarige Variante des belgischen Schäferhunds„, sagt Bundespolizistin Scheller. „Wir sagen einfach nur Malli oder Malli-Mix, wenn ein Schäferhund eingekreuzt ist.“ Im Alltag nennt die 34-Jährige Keks liebevoll „mein Junge“ und lobt ihn als „feiner Burschi“.

Max hat den Störer auf der Bank längst ausgemacht. An der Seite von Polizeiobermeister Ratajski (43) geht er langsam auf ihn zu. Gleiches Spiel wie kurz zuvor, aber mit einem entscheidenden Unterschied: Max ist sieben Jahre alt und ein echter Routinier. Dass er fester und länger zubeißt als Azubi Keks, wird selbst Laien schnell deutlich. „Den merkt man schon“, sagt „Scheintäter“ Scharfenberger und lacht. Dann gibt es Lob für alle.

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600 Diensthunde im Einsatz für die Bundespolizei

Die Bundespolizei beschäftigt 40 300 Mitarbeiter und rund 600 Diensthunde. Sie unterscheidet zwischen Schutzhunden und Sprengstoff-Spürhunden, die unter anderem an Flughäfen und Bahnhöfen im Einsatz sind. Auch Demonstrationen oder Fußballspiele werden von Hundeführer-Hund-Teams begleitet. Max und Keks gehören zur Bundespolizeiinspektion Magdeburg, die der Direktion in Pirna unterstellt ist. Die kommt eigenen Angaben zufolge auf 3800 Mitarbeiter, darunter mehr als 3000 Vollzugsbeamte. Sie kümmern sich um 1365 Bahnhöfe und Haltepunkte, die Flughäfen Dresden, Leipzig-Halle und Erfurt-Weimar sowie um die Grenzgebiete zu Tschechien und Polen.

Diensthund und Hundefüherer – „Wie bei Eheleuten“

Bei Beginn der Ausbildung müssen die Hunde mindestens ein Jahr alt sein – älter als drei Jahre sollten sie möglichst nicht sein. Bestimmte Rassen sind nicht vorgeschrieben. „Der Hundeführer sollte sich aussuchen, mit welcher Rasse er am besten arbeiten kann“, sagt Scharfenberger, der seit 1993 dabei ist. Das Verhältnis der Vierbeiner zu ihren zweibeinigen Kollegen gleicht ein wenig dem von Eheleuten. Eine funktionierende Einheit, geprägt von Vertrauen, Liebe, Respekt und Loyalität.

„Die Hunde leben bei ihren Diensthundeführern im Haushalt und sind Teil der Familie.“ Die zentrale Zwingerhaltung, sagt Scharfenberger, gehöre in die graue Vorzeit. Pro Monat erhalten die hundeführenden Beamten eine Aufwandsentschädigung von 120 Euro. Darin enthalten sind etwa eine Reinigungspauschale für das private Auto und natürlich Futterkosten. Außerdem haben sie Anspruch auf täglich 45 Minuten Pflegezeit. Angekauft wird der junge Hund nach Inaugenscheinnahme durch den Lehrwart. Das Tier muss ein starkes Wesen haben und natürlich gesund sein.

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Diensthunde sind acht bis zehn Jahre im aktiven Dienst

Geprüft werden die Hunde während der Ausbildung in den Fächern Fährte, Unterordnung und Schutzdienst. Die Schulbank drücken die Zwei- und Vierbeiner regelmäßig. Dafür unterhält die Bundespolizei zwei Schulen, in Neuendettelsau in Mittelfranken und in Bleckede im Landkreis Lüneburg. Dem mehrwöchigen Grundlehrgang und der sogenannten intensivierten Ausbildung folgen regelmäßige Jahreseinsatzüberprüfungen. In der Regel ist ein Hund acht bis zehn Jahre im aktiven Dienst.

In der Magdeburger Inspektion und im dazugehörigen Großrevier Halle gibt es 15 Diensthundeführerstellen, auf dem Gebiet der gesamten Pirnaer Direktion sind es 95. Bundespolizistin Scheller führt mit Keks ihren ersten Schutzhund, hat aber mit ihren zwei privaten Mallis Gebrauchshundeprüfungen nach Internationalen Standards abgelegt. „Ich mache Hundesport seit dem Teenageralter“, sagt die zweifache Mutter. Die Bemerkung ruft sofort Lehrwart Scharfenberger auf den Plan: „Aber wir sind keine Hundesportler„, betont er.

Dienstag gingen wir zusammen in die Luft

Für Daniel Klüß ist alles neu. Hündin Kim ist seit Juni bei dem Polizeiobermeister und schon „ganz dicke“ mit dessen Frau, den drei Kindern und der Katze. Um Diensthundeführer zu werden, ist Klüß von Halberstadt nach Magdeburg gewechselt. Die Eignung hat er bestanden. Kim ist sein erster Diensthund und sein erster Hund überhaupt. „Wir wollten immer einen, wir haben ja auch Haus und Grundstück.“ Voller Stolz holt er ein Foto aus der Tasche. Darauf hängen er und Kim an einem fingerdünnen Stahlseil an der Winde eines Helikopters. „Montag hab ich Kim bekommen, Dienstag gingen wir zusammen in die Luft“, sagt der 37-Jährige. Er wirkt gerührt.

Auf einem ruhigen Gelände neben dem Magdeburger Hauptbahnhof will Lehrwart Scharfenberger sehen, was Kim schon so gelernt hat. Klüß klemmt sich einen neonroten Ball unter den Arm, dann gibt er das Kommando „Fuß“. Ganz eng geht Kim an seiner Seite, schaut ihn permanent an. Als der Ball herunterfällt, freut sich die Hündin. „Jeder belohnt, wie er möchte“, sagt Klüß. Alles soll ohne Zwang gehen, die Motivation komme viel über das Beutespiel. „Da muss man ihr die Beute natürlich auch mal überlassen.“ Für Scharfenberger sind das „positive Verstärker“, eine Streicheleinheit und ein Leckerli dürfen auch gern sein.

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Eine Szene von unglaublicher Kraft.

Der Ausbilder geht zum Streifenwagen. Er zieht sich seine „Hetzklamotten“ an, wie er sagt. Eine sperrige Jacke und eine Hose, steif und aus sehr festem Stoff. Damit sieht der Hobbyjäger wie ein Kampfsportler aus. Kurz danach trennen ihn und „Altmeister“ Max etwa 30 Meter. Scharfenberger wedelt mit den Armen, dann rennt er plötzlich los. Gleichzeitig setzt sich Max in Bewegung, fest entschlossen, den Flüchtenden zu stoppen. Als er ihn einholt, setzt er zum Sprung an und verbeißt sich in Scharfenbergers linken Arm. Mensch und Tier schleudern herum.

Eine Szene von unglaublicher Kraft. Erst als Hundeführer Ratajski die beiden mit einem „Verhalten sie sich ruhig!“ und einem „Aus!“ anspricht, kehrt Ruhe ein. Wieder ein Rollenspiel, es heißt „Lange Flucht“. Scharfenberger ist aus der Puste. „Der ballert einen fast weg“, sagt er. Dabei ist der gestandene Oberkommissar Marathonläufer und topfit.

„Ein Diensthund kann, einsatztaktisch gesehen, eine Gruppe ersetzen“, betont der stellvertretende Leiter der Inspektion Magdeburg, Thorsten Schmidt-Look. Gerade für das Suchen und Aufspüren von Menschen wie Sprayern im Gleisbett seien die Tiere wichtig. Und die vorbeugende Wirkung auf Menschen sei groß. „Die Hemmschwelle“, sagt Schmidt-Look, „ist längst nicht mehr so gering.“ Das gilt bei der Patrouille auf dem Bahnhof ebenso wie bei Fußballspielen und Demos.

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