Website-Icon urban.dog

Ligurien mit Hund: Rottifreundlicher Ersatz für Frankreich

Ligurien mit Hund: Rottifreundlicher Ersatz für Frankreich

© Kinga Rybinska

Mein letzter Urlaub mit Hund offenbarte Ligurien als ein dankbares Reiseziel für Mensch und Tier. Lockere Einreisebestimmungen (auch für Rottweiler), wunderschöne Wanderwege, verschlafene Dörfer und ein mildes Klima mit 10 bis 15 °C im Winter machen die nordwestliche Region Italiens zu einem überraschend attraktivem Urlaubsort für Hundehalter. Läge Ligurien näher an Berlin, wäre ich sicherlich alle drei Monate dort.

Offen gesagt war Ligurien ein Zufall. Nach ein paar Jahren Urlaubsabstinenz im Süden Europas wollte ich endlich mal wieder den Winter in wärmeren Gefilden verbringen, gerne in Südfrankreich. Allerdings erlauben die Franzosen keine Rottis als Touristen, also suchte ich eine rottifreundliche Alternative mit ähnlichen klimatischen Bedingungen. Ein kurzer Blick auf die Karte – das Reiseziel durfte wegen der Hunde nicht allzu weit von Berlin entfernt liegen – verriet mir Ligurien als einen denkbaren Ersatz. Schnell wurde aus dem „Ersatz“ meine Präferenz – Ligurien hat landschaftlich wie architektonisch, kulturell wie kulinarisch Großartiges zu bieten.

Ligurien mit Hund: Rottifreundlicher Ersatz für Frankreich
Auf Erkundungstour in Savona © Kinga Rybinska

Kleines Reiseportal für Ligurien-Liebhaber

Bevor man den Urlaub genießen kann,muss man sich im Vorfeld der Reise einer aufwändigen Recherche stellen. Das ist der Teil, den ich am wenigsten mag. Tausende und Abertausende Angebote und die mühsamen Buchungsanfragen rauben mir den letzten Nerv. Umso entspannter war ich, als mir recht schnell die Seite ExtraVergine ins Auge sprang. Große Reiseportale lasse ich aus Prinzip außer Acht, ich bin privat wie beruflich sehr auf Individualität und einen persönlichen Touch bedacht.

Auf dem kleinen Portal fand ich je 30 Wohnungen und Häuser, aber auch zahlreiche Informationen über die Region, ihre Küche und Freizeitmöglichkeiten. Der Kontakt war schnell hergestellt: Die Betreiberin der Seite – eine Polin, die nach 25 Jahren in Deutschland den großen Teil des Jahres in Ligurien verbringt – lieferte mir per Mail konkrete Tipps zu meinen bevorzugten Objekten. Meine Wahl fiel auf Mulino Giuliano in Torre Paponi.

Ligurien mit Hund: Wohnen in der antiken Mühle

Mulino Giuliano, vor den Toren des malerischen Bergdorfes Torre Paponi gelegen, ist das Überbleibsel einer antiken Mühle, deren Wurzeln bis ins 17. Jahrhundert reichen. Die Überreste eines Aquäduktes und das alte Mühlrad sind noch sichtbar, das Häuschen steht recht idyllisch an einem Bergbach und bietet den Blick auf Olivenhaine. Als Ferienwohnung deklariert, ist es aber vielmehr ein Teil eines großen Hauses: Die Besitzer, ein sympathisches und hilfsbereites italienisches Paar, wohnen in der einen, die Gäste in der anderen Haushälfte.

Die engen Gassen von Taggia © Kinga Rybinska

Mit 110 Quadratmetern bietet die Bleibe genug Platz für sechs Personen. Eine große Wohnküche mit zusätzlicher Schlafmöglichkeit und riesigen Wandschränken im Flur sowie ein geräumiges Schlafzimmer mit Kamin haben das typisch italienische Flair: eine Mischung aus uralten und modern-kitschigen Elementen. Eine große überdachte Terrasse habe ich wegen der Temperaturen leider gar nicht in Anspruch genommen. Im Sommer muss das aber ein Traum sein, zumal man von der Terrasse aus direkt auf den Bach, die Berge und das zum Haus gehörende kleine Pool blickt. Direkt von dem Tor erstrecken sich großflächig wunderschöne Olivenhaine, an denen man auf einem steinigen Feldweg direkt am Haus vorbeigehen kann – eine perfekte Gassiroute für jeden Morgen.

In einem großen Garten bauen die Vermieter ihr eigenes Bio-Gemüse an, in dessen Genuss ich am ersten Urlaubstag auch gekommen bin: Eine große Kiste mit knackigen Salaten, Kürbis, Zucchini, Tomaten und Kräutern wartete als Willkommensgeschenk auf mich, ähnlich wie hausgemachte Marmeladen und eingelegtes Gemüse. Auf die versprochenen Eier von eigenen Hühnern musste ich leider verzichten, weil ein hungriger Fuchs alle Tiere umgebracht hat. Natur pur.

Torre Paponi und die nähere Umgebung

Torre Paponi bietet einen überwältigenden Blick auf das grüne, mit Olivenhainen bedeckte Tal und eine wunderschöne mittelalterliche Kulisse im Ort. Von bäuerlicher Lebensweise geprägt, ist das Dörfchen sehr ursprünglich geblieben: Die historischen Gebäude sind gewissenhaft instandgehalten und bezaubern mit engen Gassen, unförmigen Treppen und unzähligen Steinbögen, die die gegenüberliegenden Häuser miteinander verbinden. Auch mit Hunden lässt sich der magische Ort bequem erkunden.

Absolut empfehlenswert: La Pignatta D’Oro, ein lokales Restaurant mit gehobener Küche, köstlichen Weinen und wunderschönem Ambiente eines Gewölbekellers.

Etwa fünf Kilometer bergab von Mulino Giuliano entfernt, liegt San Lorenzo al Mare, ein nettes kleines Küstendorf mit außergewöhnlichen Stein- und sauberen Sandstränden. Gerade die Steinstrände haben mir angetan. Es sind weniger Kieselsteine und vielmehr locker nebeneinander gestapelte Felsenbrocken und riesige Steine, über die man lange Spaziergänge entlang des Ligurischen Meers unternehmen kann. Wenn die See unruhig ist, sorgt die steile Küste für unvergessliche Wasserspektakeln: Die Wellen schlagen mit einem beeindruckenden Getöse gegen die Felsen und zerschellen in Tausende Tropfen, die immer wieder kleine Regenbögen erzeugen. Ein fesselndes Erlebnis.

Für Pizza-Liebhaber: Pizzeria Torre Saracena, ein einfaches, unscheinbares Restaurant in Strandnähe mit extrem leckerer Steinofenpizza. Mein Favorit: Zena (Genova) mit Mozarella, Pesto, Sahne, Kartoffeln und grünen Bohnen.

An der Civezza wäre ich sicherlich vorbeigefahren, wenn ich vor dem Kauf meines Ligurien-Reiseführers nicht eine informative Rezension des Buches gelesen hätte, die den Ort erwähnte. Oberhalb der Landstraße von San Lorenzo nach Imperia gelegen, nur vier Kilometer von der Küste entfernt, bleibt das Dorf etwas einsam im Berg versteckt. Der Tourist im Auto schaut doch viel eher auf das türkisblaue Wasser, das sich in greifbarer Nähe erstreckt als zu den Bergen. Doch der Besuch in dem etwa 500-Seelen-Dorf lohnt sich sehr: Ein Wirrwarr aus kleinen gepflasterten und überwölbten Gässchen, die durch versteckte Untergänge und Korridore miteinander verbunden sind und von einem Platz zum nächsten führen, hat mich im Nu in die Vergangenheit katapultiert. Den zentralen Treffpunkt bildet der Piazza Marconi mit einem Rathaus und einem schönen Brunnen. Über allem thront die Barockkirche San Marco.

Nicht schlecht: Pizerria Le Cinque Torri, ein großes Lokal mit vielen deutschen Touristen. Keine Offenbarung, aber ordentliches Essen.

Genua: Wunderschön und stressig

Der Blick vom Hafen auf die Stadt, Genua. © Kinga Rybinska

Will man sich die Hauptstadt Liguriens in Ruhe und detailliert anschauen, darf man keine Hunde im Schlepptau haben. Genua ist eine wunderschöne, aber sehr überlaufene, laute Stadt, die den Vierbeinern schon nach wenigen Stunden Schlendern zusetzt. Als Hundehalterin bin ich allerdings schon darin geübt, mein eigenes Verlangen nach Kultur mit den Bedürfnissen der Hunde zu verbinden. Eine nette Verschnaufpause für beide Spezies garantiert der Yachthafen, der zwar keine grüne Oase bietet, aber die angenehme Wassernähe und einen grandiosen Blick zu der am Hügel gelegenen Stadt. Während die Hunde leinenlos das Ufer erkundeten und ich die wunderschöne Stadtpanorama fotografierte, fragte ich mich unentwegt, was denn die anliegenden Prachtyachten wert sind. Es muss unvorstellbar viel Geld gewesen sein, was da am Kai in den leichten Wellen der Bucht vor sich hinschaukelte.

Shila und fasa im Park beim Museum der Weltkulturen in Genua © Kinga Rybinska

Nur etwa zwei Kilometer weiter Richtung Norden hatte ich die nächste Pause für meine Monster angelegt: Im Park um das Museum der Weltkulturen von Castello D’Albertis, das sich in einem neogotischen Schloss aus dem 19. Jahrhundert befindet und von einem romantischen Garten voller Palmen und exotischer Pflanzen umrahmt ist. Eine wunderschöne, halb kultivierte, halb wild bewachsene Anlage mit schmalen Wegen, gewundenen Treppen, versteckten Geheimgängen und zinnenbewehrten Mauern.

Selbst die angelegten Teiche, künstliche Höhlen und kleine Wasserfälle haben dem magischen Ort nicht geschadet: Die Hunde haben mit Artgenossen getobt – der Park ist offenbar ein beliebter Treffpunkt für kleine Gassirunden – und ich genoss den atemberaubenden Blick auf die Stadt.

Ligurische Strände: Außerhalb der Saison ein Hundeparadies

Kilometerlange Strände mit weißem Sand, wie ich sie etwa von der Ostsee kenne, habe ich in Ligurien nicht entdeckt. Die kleinen Küstenorte – Alassio, Albenga, Finale Ligure, Noli – bieten aber genug Strandfläche, um mit den Hunden schön spazieren zu gehen. Auch meiner Sammelleidenschaft konnte ich ohne Einschränkung frönen: Von jedem Strandausflug bin ich um einige großartige, schwarz-weiße Steinfindlinge schwerer nach Hause gekommen.

Ein genüssliches Bad, Ventimiglia. © Kinga Rybinska

Mein ganz persönlicher Favorit an der Küste bleibt Noli, ein malerisches Städtchen mit einem recht langen, teil sandigen, teils steinigen Strand und einem wunderschönen, auf einem Hügel gelegenen Schloss, von dem man einen großartigen Blick auf die Stadt und die Bucht hat. Das Schloss und der Park drum herum waren leider geschlossen, aber auch der etwa halbstündige Weg dahin war sehr angenehm. Auch der touristische Badeort Finale Ligure ist mir sehr gut in der Erinnerung geblieben – ein wunderschöner, langer, sauberer Strand, bequem begehbare Burgruinen und ein paar interessante Palazzi machen einen Besuch dort auf jeden Fall lohnenswert.

Hundefreundliches Volk: Ligurien mit Hund

In jedem der Küstenorte, die ich besucht habe, waren die Strände außerhalb der Saison, aber doch um die Weihnachtszeit, zwar nicht menschenleer, aber trotzdem nicht überlaufen. Die Spaziergänger, die es ans Meer zog, zeigten sich meinen beiden Hunden gegenüber erstaunlich entspannt. Die Klischees von kinderverrückten, aber hundeintoleranten Italienern haben sich keinesfalls bestätigt. Shila und Fasa haben das Strandleben in vollen Zügen genossen und die einzigen menschlichen Reaktionen, die mir entgegenkamen, waren Fragen von Kindern, ob man die Hunde streicheln darf.

Ostentativ böse Blicke oder hektische „Rettungsversuche“ des Nachwuchs – nur weil ein Hund in Sichtnähe unangeleint läuft -, die mir aus Deutschland zu Genüge bekannt sind, habe ich in Ligurien nicht erlebt. Traf ich auf andere Rotti-Halter, war die Begrüßung aber typisch italienisch: überschwänglich, laut und voller Entzückung.

Ligurien, amore mio

Aus geplantem „mon amour“ ist es wegen der französischen Vorbehalte gegen Rottweiler doch „amore mio“ geworden: Ich bedauere keine Sekunde, meinen Urlaub in Italien verbracht zu haben. Ligurien mit Hund war – außerhalb der Saison und zeitlich weit entfernt von der erschlagenden Sommerhitze – eine entspannte und gleichzeitig spannende Zeit mit vielen Wanderungen, spritzigem Strandvergnügen und interessanten Stadtbesuchen in San Remo, Triora oder Valoria.

Ligurien mit Hund? Ein entschiedenes Ja!

Die mobile Version verlassen