Wer einen Zappelphilip oder ein Zugpferd als Hund zu Hause hat, ärgert sich beim Gassigehen schon mal über das umständliche Anleinen und Losmachen des Tieres. Keine einfache Aufgabe, wenn der Hund nicht stillsteht. GOLEYGO bietet Abhilfe: Ein innovativer Magnet-Klick-Verschluss ermöglicht das einhändige und einfache An- und Ableinen. Hält das Produkt aber, was es verspricht?
Manche Unannehmlichkeiten fallen erst dann richtig auf, wenn sich plötzlich eine bessere Alternative bietet. Etwa beim An- und Ableinen der Hunde. Bisher habe ich das nie als problematisch oder unangenehm empfunden. Höchstens an kalten Tagen, wenn ich die Handschuhe erst ausziehen muss, um mit dem Karabiner den Ring zu erwischen.
Ähnliches Problem habe ich allerdings auch beim Herauskramen der Leckerlis aus der Tasche oder beim Ballwerfen – die Handschuhe sind oft ziemlich hinderlich, ich lebe aber damit. Ähnlich wie ich den Winter an sich akzeptieren muss. GOLEYGO will mir mindestens das eine Problem abnehmen. Doch ist das Produkt tatsächlich eine Erleichterung für Hundehalter oder eine Möchte-Gern-Erfindung, die die Welt nicht braucht?
GOLEYGO macht die Löwen heiß
Dass die mächtigen Investoren aus der „Höhle der Löwen“ nicht nur das Potenzial von GOLEYGO erkannt, sondern sich darum auch ordentlich gezofft haben, spricht eindeutig für das Produkt. Schließlich sind die Business Angels mit allen Wassern gewaschen und können die Chancen gegen Risiken sehr gut abschätzen. Der am 2. Oktober ausgestrahlte Pitch brachte dem Publikum zwei engagierte Gründer näher, die – wie sie selbst sagen – „die Hundewelt revolutionieren wollen“.
Tim Ley und Jérôme Glozbach de Cabarrus, begleitet von zwei imposanten Deutschen Doggen, haben mit ihrem Leinen-Verschluss-System die Investoren nicht nur überzeugt, sondern gleich zum Streiten gebracht. Ein verfrüht besiegelter Deal mit Frank Thelen und Ralf Dümmel – während sich die anderen drei noch beraten haben – sorgte bei VOX für ungewohnt kolloquiale Töne. Carsten Maschmeyer bezeichnete den voreiligen Deal als „Scheiße“ und „Käse“. Für 500.000 Euro haben die Gründer 35 % der Firmenanteile abgegeben.
Magnetverschluss mit universellen Fähigkeiten
Doch was macht die Geldgeber so heiß? „GOLEYGO ist viel mehr als nur eine Hundeleine. Es ist die innovative Technik hinter dem Verschluss-System, die mich begeistert hat und in der ich großes Potenzial sehe“, sagte Frank Thelen, Geschäftsführer der Bonner Freigeist Capital GmbH. Und Ralf Dümmel, Geschäftsführer der Handelsgesellschaft DS Produkte ergänzte: „Jérôme und Tim haben mich mit GOLEYGO mega überzeugt. Einfach eine tolle Idee!
Die Hundeleine ist nur der Anfang, denn Jérôme und Tim haben dieses innovative Klick-System erfunden, das viele weitere Einsatzmöglichkeiten bietet“. Schon jetzt arbeitet das Duo an neuartigen Pferdehalftern und Verschlüssen für Rettungswesten – das Produkt ist keinesfalls nur für Hunde einsetzbar. Mit der Entwicklung seit den Dreharbeiten im April 2018 sind die Gründer „mehr als zufrieden“, erklärte Tim Ley. „In den ersten zwei Wochen haben wir über 100.000 Hundeleinen verkauft und sind seitdem damit beschäftigt bereits die zweite Generation zu entwickeln“.
GOLEYGO: Klicksystem aus Zylinder und Kugelstift
Anstelle des herkömmlichen Karabiners, der die Leine mit Halsband oder Geschirr verbindet, bieten Tim Ley und Jérôme Glozbach de Cabarrus ein Klick-System aus einem Zylinder und einem dazu passenden Kugelkopf. Der an einem Ende der Leine angebrachte Zylinder, in den der Kugelstift vom Halsband oder Geschirr eingeführt werden muss, ist nicht flach, sondern konkav: Das erleichtert das Zusammenführen beider Teile, zusätzlich unterstützt von Magneten. Der Magnet-Rastverschluss funktioniert auch unter Vollast und ist auf eine Zuglast bis 250 kg ausgelegt, hält also auch großen und starken Hunden von 80 Kilogramm Körpergewicht stand.
Wer steckt hinter GOLEYGO?
Die Erfindung des neuartigen Verschlusses geht auf Konto von Tim Ley, der seit über zehn Jahren als Projektleiter im Baubereich unterwegs ist. Mit Hunden aufgewachsen, ärgerte er sich schon öfters über die „Fummelei mit dem Karabiner“, den er mit beiden Händen auf- und zumachen musste. 2015 hat der gelernte Dachdecker und Messebauer mit der Idee gestartet und hat ununterbrochen an der Entwicklung des Verschlusses gearbeitet. Als er den ersten belastbaren Prototypen seinem langjährigen Freund Jérôme Glozbach de Cabarrus, Diplom-Sportwissenschaftler und Serial Entrepreneur, vorgelegt hat, ist dieser – von dem neuartigen System begeistert – als Investor eingestiegen.
Seitdem haben die beiden das Produkt zur Serienreife gebracht und vor den Löwen präsentiert. GOLEYGO hieß ursprünglich übrigens LEYGO. „LEY aufgrund des Gründers Tim Ley und GO steht für Dynamik, Start und Geschwindigkeit, Erfolg“, erläutert der 43-jährige Deutsch-Franzose. „Wegen der gravierenden Ähnlichkeit zu LEGO haben wir einfach ein „GO“ nochmal vorne drangehängt.“
GOLEYGO in L-XL unter der Lupe
Die besten Erfindungen sind bekanntlich die einfachsten: Auch bei GOLEYGO braucht man keine Bedienungsanleitung. Halsband in der Länge anpassen, den Leinen-Verschluss auf den Kugelkopf am Halsband stecken und schon kann es losgehen. Ich habe ein schwarzes Modell aus Leine und Halsband zum Testen bekommen. Um den Zylinder mit seinem Gegenstück am Halsband zu verbinden, muss man die Hülse am Verschluss leicht zurückziehen und auf den Kugelstift aufsetzen.
Mit einem hörbaren Klick rastet das System mechanisch ein. Alles funktioniert problemlos mit einer Hand. Um den Hund abzuleinen, muss die Hülse wieder nach oben gezogen werden – hier braucht man wegen der Magnetunterstützung zwar etwas mehr Kraft als beim Anleinen, aber immer noch nur eine Hand. Praktisch, wenn man in der anderen Hand gerade einen Thermobecher mit Kaffee oder das Smartphone hält. Der ultimative Test kommt allerdings erst im Wald, als meine Shila – eine 35 kg schwere Rottidame – der Meinung ist, hinter einem Reh rennen zu müssen, und ruckartig an der Leine zieht. Der Verschluss hält einwandfrei.
GOLEYGO: Optisch zu bieder
Das Halsband erinnert leicht an einen unfertigen Nietenchoker: Statt mehreren Metallstiften ist es halt mit lediglich einem ausgestattet. Durch den im geraden Winkel zum Halsband angebrachten Kugelstift sitzt die Leine nicht ganz flach am Körper, sondern steht leicht ab. Der Verschluss ist aber flexibel, dank Kugelgelenk um 360 Grad drehbar und sehr robust. Was mich weniger überzeugt, ist der Plastik-Steckverschluss am Halsband, der zum Schließen dient. Abgesehen davon, dass ich kein Fan von allgegenwärtigem Kunststoff bin, ist das Gesamtbild durch die Schnalle nicht so hochwertig.
Auch das schlicht-schwarze Gurtband ist kein Hingucker, eher ein Allerweltsprodukt, das verdächtig nach chinesischer Massenware aussieht. Polyester pur, unangenehm in der Haptik. Auch wenn ich keinen Schnickschnack mag und Tatzen-Muster oder Knochen-Dessins nicht leiden kann, kommt GOLEYGO optisch zu bieder daher. Es fehlt ihm eindeutig am wertigen Finish. Ein Männerprodukt, wenn ich das so sagen darf: innovativ, robust und funktionell, aber optisch langweilig und etwas klobig.
Produktpalette wird breiter
Zum Glück ist der erste Erfolg den Gründern nicht in den Kopf gestiegen: Sie entwickeln ihr Produkt weiter und arbeiten auch an der Optik. Ab Januar soll es gepolsterte Halsbänder, neue Geschirre und Nylon-Rundleinen sowie Leder-Varianten geben. Anders als die ersten 100.000 Hundeleinen, die in China gefertigt wurden, werden die optimierten Hundeaccessoires hierzulande entwickelt und produziert.“ Tim und ich haben den Entschluss gefasst, die Herstellung nach Deutschland zu verlagern, da wir recht hohe Ansprüche in Puncto Qualität, insbesondere den Toleranzen bei der Fertigung, haben“, so Jérôme Glozbach de Cabarrus.
„Die deutschen Firmen, für die wir uns entschieden haben, können dieses Höchstmaß an Präzision gewährleisten und somit dem Kunden ein hochkarätiges Produkt liefern“. Ab neuem Jahr kommen auch die Pferdehalter in den Genuss der neuen Verschlüsse: Demnächst erscheint die erste Pferdelinie von GOLEYGO auf dem Markt. Mit der Bernhardt Apparatebau GmbH & Co, besser bekannt unter dem Brand „SECUMAR“, arbeitet das Duo an einem GOLEYGO-Verschluss für Rettungswesten.
Eine Sache fehlt
Der innovative Verschluss, der mich zweifelsohne begeistert hat, täuscht nicht über einen funktionellen Mangel hinaus. Sobald der Hund frei herumläuft, muss die Leine verstaut oder in der Hand getragen werden. Durch einen Plastikschieber ist die Leine zwar in der Länge verstellbar und kann umgehängt getragen werden, aber nur, wenn der Hund angeleint ist. Läuft er aber frei herum, baumelt das Ende der Leine, an dem der Klick-Verschluss angebracht ist, störend in der Luft (oder viel mehr zwischen den Knien).
Hier wäre ein klassischer Karabiner am anderen Ende der Leine praktisch, mit dem ich das baumelnde Ende zu einer Schlaufe zusammenstecken und über die Schulter tragen kann. Ich bin überzeugt, dass sich beide Lösungen – der neuartige Magnet-Verschluss und ein stinknormaler Karabiner nicht kannibalisieren, sondern sinnvoll ergänzen.
Mein Fazit
Die GOLEYGO-Leine ist zweifelsohne ein sehr innovatives Produkt mit hohem Potenzial für den Einsatz auch in mehreren anderen Bereichen außerhalb der Hundewelt. Das An- und Ableinen funktioniert einwandfrei mit nur einer Hand, der Verschluss hält auch bei großer Zugkraft und ruckartigen Bewegungen des Hundes stand. An der Optik müssen Tim Ley und Jérôme Glozbach de Cabarrus aber noch arbeiten: Der Leine und dem Halsband fehlt es an Wertigkeit und Charisma.
Hoffentlich haben die Gründer ihre kreative Energie nicht vollständig bei der Erfindung des Verschlusses verbraucht. GOLEYGO kann nämlich noch Einiges an Lifting vertragen. Zu sehr erinnert es an billige Massenprodukte aus dem Reich der Mitte. Innovativ? Absolut! Aber nicht sexy. Noch nicht jedenfalls.