Ob Hunde, Affen, Spinnen, Quallen, Mäuse oder Bärtierchen: Bevor Menschen sich ins All wagten, schickten sie Tiere voraus. Viele überlebten das nicht – wie vor 60 Jahren die Hündin Laika. Daraus lernten die Forscher, und heute fliegen Mensch und Tier sicherer.
Moskau/New York – Die blank polierte Kugel ermöglichte den ersten Lebewesen im All volle Rundumsicht. Die Vorderpfoten steckten ausgestreckt in schmalen Hosenbeinen, Schläuche verknüpften den Raumanzug mit lebenserhaltenden Systemen der Kapsel. Was im Moskauer Kosmonautenmuseum aussieht wie Spielzeug für Weltraumfans, ist einer der Anzüge, mit dem lange vor Juri Gagarin, dem ersten Menschen im All (1961), die wahren Pioniere die Erdatmosphäre verließen: Hunde. Bis heute sind Tiere wichtige Helfer in der Raumfahrtforschung.
Vor 60 Jahren, am 3. November 1957, schoss die Sowjetunion die Mischlingshündin Laika als ersten Vierbeiner mit einer Rakete in den Weltraum. Damals folgte im kosmischen Wettlauf zwischen den Supermächten USA und UdSSR Schlag auf Schlag. Wieder war es Moskau, das den Ton angab. Nur gut einen Monat zuvor hatten sowjetische Ingenieure die USA mit dem ersten Satelliten Sputnik-1 überrumpelt und damit das Zeitalter der Raumfahrt eröffnet.
Die Moskauer Propaganda wusste das erste Tier im All gut in Szene zu setzen. Erst viele Jahre später erfuhr die Welt, welch qualvollen Tod die zweijährige Hündin gestorben war. Schon nach wenigen Stunden war ihre Sputnik-Kapsel völlig überhitzt, Laika hatte keine Chance. Doch ihr schicksalhafter Flug half bei der Entwicklung von Schutzmaßnahmen – wie etwa von Raumanzügen für Hunde.
Laika´s Flug half anderen Hunden
„Wir stellen die Kapsel aus, mit der Belka und Strelka geflogen sind“, sagt Museums-Vizedirektor Wjatscheslaw Klimentow. Die Hündinnen hatten mehr Glück als Laika. Sie kamen 1960 lebend wieder zurück zur Erde, zeugten sogar Nachkommen und grüßen heute ausgestopft aus einer Vitrine die Museumsbesucher.
„In ihrer Kapsel gab es spezielle Kameras. Die Hunde wurden extra mit hellem Fell ausgesucht, damit die Kameras sie besser filmen konnten“, sagt Klimentow. „Ihre Ernährung wurde überwacht. Belüftung und Sauerstoffversorgung wurden getestet. Das waren wichtige Versuche vor dem ersten Flug eines Menschen.“
So hatten Tierversuche eine ganz zentrale Rolle in der Anfangsphase der Raumfahrt. Allein 29 Hunde schickte die Sowjetunion bereits zwischen 1951 und 1962 bis an die Grenzen des Weltraums auf eine Höhe von rund 100 Kilometern über der Erde. Neben Laika, die als erstes Tier ins All vordrang, starben 17 Hunde bei Testflügen.
Es folgten weitere Lebewesen: Katzen, Mäuse, Insekten, Mikroben und Pflanzen. 1968, kurz vor der Mondlandung von US-Astronaut Neil Armstrong, kreisten sowjetische Schildkröten um den Erdtrabanten.
Hunde für die Sowjets und Affen für die Amerikaner
Während die Sowjets auf Hunde setzten, waren die ersten US-Pioniere dem Menschen ähnlicher: Affen. Nachdem 1947 zunächst Fruchtfliegen an Bord einer V2-Rakete vom US-Bundesstaat New Mexico aus kurzzeitig ins All geschossen worden waren, setzten die USA ab Ende der 1940er Jahre auf Äffchen und Mäuse. Die Flughöhen gingen zunächst kaum über die Grenze des Weltraums von 100 Kilometern hinaus. Viele starben, wie Albert I 1948 und Albert II 1949, aber 1951 überlebte erstmals ein Affe namens Yorick einen kurzen Flug an den Rand des Kosmos.
Zehn Jahre später startete erstmals ein Schimpanse ins All, Ham. Knapp sieben Minuten lang erlebte der Affe die Schwerelosigkeit, dann landete er mit seiner Kapsel im Atlantik. „Leicht müde und dehydriert, aber sonst in gutem Zustand“ sei Ham danach gewesen, hieß es von der US-Raumfahrtbehörde Nasa. Auf Basis der Erkenntnisse des Experiments konnte nur wenige Monate später der erste amerikanische Astronaut, Alan Shepard, in den Weltraum starten.
Mit den erfolgreichen bemannten Flügen nahm die Bedeutung der kosmischen Tierversuche ab. Trotzdem schickten viele Länder immer wieder „biologische Ladung“ mit – Kaninchen, Quallen und Spinnen, die in der Schwerelosigkeit erfolgreich Netze sponnen. „Die Tiere haben ihren Ländern Dienste erwiesen, die kein Mensch übernommen hätte“, heißt es bei der Nasa.
Heute sind Tiere im All seltener geworden und die Sorgen über ihr Wohlergehen größer. „Es gibt so wenig Flugmöglichkeiten für eine Mission mit Tieren, dass das Forschungsprojekt schon ziemlich wichtig sein muss, um einen Platz zu bekommen“, sagt Laura Lewis von der Nasa. „Und wenn sie mitreisen, dann ist ihr Wohlergehen ein zentraler Punkt.“ Zuletzt wurden mehrfach Mäuse zur Internationalen Raumstation ISS gebracht. „Erstaunlicherweise gewöhnen sie sich sehr schnell ein“, sagt Lewis. „Innerhalb von fünf Minuten schweben sie durch ihre Quartiere, machen sich sauber und essen, wie auf der Erde.“
Ging es früher vor allem um die äußeren Einflüsse des Kosmos auf lebende Organismen, um den Weltraumflug von Menschen zu ermöglichen, geht es heute unter anderem um Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf Nerven- und Immunsystem. Dabei werden die Lebewesen immer kleiner, die für Versuche herhalten müssen, wie beispielsweise spezielle Bärtierchen.
Längst haben Forscher der Europäischen Raumfahrtagentur Esa die kaum einen Millimeter großen Wesen zu den neuen Weltraumhelden erhoben, als sie 2007 rund 3000 Bärtierchen für 12 Tage auf einem Satelliten dem Vakuum und der Kälte sowie der kosmischen Strahlung des Alls aussetzten. Und: Die Bärtierchen überlebten.