Wenn Politik und Behörden wegsehen liegt die Lösung von Problemen oft in der Hand der Bürger, so auch in Südspanien. Während der Großteil der Gesellschaft Hunde noch als rechtelosen Gebrauchs-gegenstand ansieht, kämpft eine 70-jährige Lady gegen den Missbrauch der Tiere in ihrer Stadt. Wir haben Sie besucht und uns ihre Geschichte erzählen lassen.
Campohermoso, das Dorf mitten in der südlichen spanischen Wüste ist so klein, dass es nicht mal einen deutschen Wikipediaartikel darüber gibt. Und doch eilt dem kleinen Fleckchen Land der Ruf voraus, seine Hunde und Streuner ganz besonders schlecht zu behandeln. Und das soll für spanisches Empfinden schon so einiges bedeuten.
Während die städtischen Einrichtungen und Institutionen längst alle Augen vor dem Problem der Tierquälerei, als auch dem der unkontrollierten Ausbreitung von Straßentieren verschlossen hat, reagiert ein Großteil der Anwohner im besten Falle mit Ignoranz. Im schlechteren mit Gewalt gegenüber Hund und Katze.
Als wir Antonia die eiserne Tierschutzlady mit ihren fast 70-Jahren zum ersten Mal treffen, können wir uns gar nicht vorstellen was diese kleine Dame mit den grauen Haaren tagtäglich leistet. Wer bei ihr Zuhause klingelt, wird von vielen, kleinen, wuscheligen Hunden begrüßt die sie mit liebevoller Konsequenz zurück ins Haus scheucht. Dann lädt sie uns ein ihren „Hinterhof“ zu besuchen.

Nur wenige Meter von ihrem Haus entfernt befindet sich das provisorisch aufgebaute Tierheim der älteren Dame. In einem kleinen, abgetrennten Arial mit stabilem Tor und Anbauten rechts und links leben aktuell sieben große Tierschutzhunde. Teilweise schon seit Jahren.
Sie sammelt die herrenlosen Vierbeiner auf der Straße auf, an Tankstellen, vor Supermärkten oder, mindestens genauso häufig, findet sie sie morgens einfach angebunden an ihrem Zaun.
Kein Tierheim und keine Hilfe weit und breit
„Es gibt hier kein Tierheim wo die Leute die Hunde hinbringen könnten die sie nicht mehr wollen.“, sagt Antonia achselzuckend und deutet auf einen älteren Hund hinter den Gittern und einen, der mit einem blinden Auge hier ankam. „Wenn sie sie am Zaun anbinden, werfen sie sie immerhin nicht auf die Straße. Wir können ihnen dann helfen, sie versorgen und sie kastrieren.“ Im Idealfall springt am Ende dann ein Zuhause für die Hunde raus.
Doch Hundeadoption innerhalb des Landes sind selten und betreffen vor allem Rassehunde oder Welpen. Einfache Streuner, zumeist groß und häufig schon vernarbt, krank oder älter, finden in Spanien so gut wie nie ein Zuhause.

Daher ist Antonia auf die Hilfe ausländischer Organisationen angewiesen, die auch die schwierigen Fälle unterbringen. Auch ein Tierheim in Madrid hilft der Tierschutzlady regelmäßig aus der Patsche. „Wir sind eigentlich immer übervoll. Wir müssten viel mehr Tiere aufnehmen, aber es geht einfach nicht.“
Die größte Herausforderung: Eine Familie zu finden
Antonia zeigt uns eine Stelle nur wenige Meter vom Tierschutzhinterhof entfernt. Hier füttert und beobachtet sie seit Tagen eine trächtige Hündin. „Bisher konnten wir sie nicht einfangen, sie ist sehr scheu. Aber ich hoffe wir bekommen sie in den nächsten Tagen, bevor die Kleinen auf die Welt kommen.“
Die Fanbase des initiierten Tierschutzprojektes im Internet ist verhältnismäßig groß, das wiederrum verdankt die Tierschutzlady einer Helferin aus Pamplona. Rebeca, die im Urlaub hier über die schlimmen Zustände stolperte, unterstützt Antonia seitdem mit der Onlinepräsenz.
„Wir haben eine eine kleine Gruppe an Paten die uns monatlich mit einer 1-Euro-Spende unterstützt. So können wir nach und nach die Kosten für Sterilisationen, Impfung, Futter und so weiter bezahlen.“, erklärt sie im Gespräch. „Natürlich ist es nicht viel, aber wir kommen zurecht. Schwieriger und wichtiger ist es, ein Zuhause für die Hunde zu finden.“

Jetzt steht alles vor dem Aus
Nur drei Tage nach unserem Besuch erhielten wir von Antonia eine erschütternde Nachricht. Der Bürgermeister untersagt der Tierschutzlady bis auf weiteres ihr ehrenamtliches Engagement und die Haltung der Hunde im provisorischen Tierheim. Da sie über keine offizielle Genehmigung für eine solche Einrichtung verfügt, für die ihr Gelände ohnehin zu klein ist und deren Beantragung über fünftausend Euro kosten würde, gilt ihr Hinterhof als illegale Einrichtung und muss geschlossen werden.
„Ich denke es geht nicht um den Papierkram. Dafür würden wir eine Lösung finden.“, sagt Antonia müde. „Ich glaube sie stört die schlechte Presse, die wir mit unserer Aufklärungsarbeit über die Situation hier machen. Sie wollen nicht, dass Campohermoso für seine misshandelten Hunde bekannt wird.“
Zeitgleich mit der Abmahnung der Stadt begab sich übrigens auch die trächtige Mutterhündin in die Obhut von Antonia und gebar vier junge, gesunde Welpen. Wie es nun weitergeht weiß noch niemand. Auch was aus den Hunden werden soll ist unklar. Dass Antonia ihre Tierschutzarbeit einfach so niederlegen kann, können wir uns nicht vorstellen. Und ebenso wenig, was aus den vielen, herrenlosen Streunern werden soll, die ansonsten keinerlei Unterstützung genießen.