Sprengstoffspürhunde im Einsatz gegen die Angst vor Terroranschlägen. Diese Angst bekommt die Bundespolizei zu spüren. Immer häufiger werden die Beamten mit ihren Sprengstoffspürhunden gerufen, wenn herrenlose Gepäckstücke entdeckt werden.

Wenn Sprengstoffspürhunde auf einem Bahnhof zum Einsatz kommen, ist die Situation meist angespannt. Ein Teil des Bahnsteigs im saarländischen Neunkirchen ist mit Flatterband abgesperrt. Einige Fahrgäste schauen weiter unbeirrt auf ihr Handy, andere verfolgen das Geschehen neugierig aus sicherer Entfernung. Uzzo lässt sich von nichts ablenken. Kurz schnüffelt der Belgischer Schäferhund an dem Papierkorb, den Christina Hansen ihm zeigt, dann rast er beim Kommando „Such Stoff“ los. Und dann geht alles ganz schnell.

Ein Spielzeug fürs Sprengstoffschnuppern

Kaum ist der dreijährige Rüde an dem Koffer angekommen, der hier scheinbar ohne Besitzer steht, schlägt seine große Aufregung in Ruhe um. Er legt sich auf den Boden und fixiert das Gepäckstück, ohne sich zu bewegen und ohne zu bellen. Solange, bis seine Besitzerin ein klickendes Geräusch macht, er zu ihr zurück stürmt und dort an einem Spielzeug zerren darf – als Belohnung dafür, dass er Sprengstoff geschnuppert und das richtige „Anzeigeverhalten“ gezeigt hat.

Sprengstoffspürhunde: Kollegen mit dem richtigen Riecher für Gefahr
Polizeiobermeisterin Christina Hansen steht mit ihrem Malinoi-Rüden „Uzzo“.
SOURCE: © Katja Sponholz/dpa

An diesem Morgen ist es zwar nur eine Übung, wie sie die zehn Sprengstoffspürhunde der Bundespolizei im Saarland regelmäßig mit ihren Tieren machen. Doch mittlerweile sind Aufgaben wie diese für sie zur Normalität geworden. „Solche Einsätze haben wir fast täglich“, sagt die 28-jährige Polizeiobermeisterin. Und zwar nicht nur deshalb, weil immer mehr Menschen ihren Koffer in der Eile vergessen. Sondern auch, weil die Bürger sensibler geworden sind und aus Angst vor Attentaten öfter die Polizei informieren.

„Wir leben nun mal in einer Zeit, in der es tatsächlich zu Anschlägen in Europa gekommen ist. Die Folgen spüren wir“, sagt der Sprecher der Bundespolizeiinspektion Bexbach, Jürgen Glaub. Und auch so mancher Bahnbedienstete, der früher nach einigen Stunden selbst einen herrenlosen Koffer weggetragen und zur Fundstelle gebracht hätte, informiere heute lieber die Bundespolizei. „Das ist etwas, was wir absolut begrüßen“, sagt der Polizeioberkommissar. „Lieber einmal zu viel anrufen als zu wenig. Das ist schließlich unser Job. Wir sind Profis.“

Der Malinois hat den nötigen Trieb für einen Sprengstoffspürhund

Die wahren Experten sind jedoch Hunde wie Uzzo: Belgische Schäferhunde (in diesem Fall so genannte Malinois), die nicht nur eine zehnwöchige Ausbildung als Schutzhund absolviert, sondern nach weiteren dreieinhalb Monaten erfolgreich eine zusätzliche Abschlussprüfung als Sprengstoffspürhund abgelegt haben. Die gute Nase mit rund 220 Millionen Riechzellen haben viele Rassen zwar von Natur aus, um sich jedoch als Spezialhund im Polizeidienst zu eignen, braucht es mehr: einen besonders ausgeprägten Spiel- und Beutetrieb. „Die Ausbildung funktioniert nur, wenn der Trieb bei dem Hund so groß ist, dass er alles dafür tut, um spielen zu dürfen“, sagt Hansen.

Sprengstoffspürhunde: Kollegen mit dem richtigen Riecher für Gefahr
Polizeiobermeisterin Christina Hansen steht mit ihrem Malinoi-Rüden „Uzzo“, einem ausgebildeten Sprengstoffspürhund bei der Bundespolizei des Saarlandes, am 15.02.2017 an einem Schüttgutbehälter.
Foto: Katja Sponholz/dpa

„Hunde sind ein ganz wichtiges Einsatzmittel„, sagt Glaub. Trotz aller Technik und vermutlich mehr denn je. „Sie geben uns sehr schnell und verlässlich eine Rückmeldung, ob hier eine Gefahr vorliegt.“ Erst, wenn der Hund entsprechend positiv reagiert, setzt sich die Maschinerie in Gang: Niemand darf mehr in die Nähe des verdächtigen Gegenstandes kommen, die Absperrungen werden erweitert und Spezialisten mit mobilen Röntgengeräten informiert.

Wobei der Hund für die Entschärfer sogar noch weitere Informationen erarbeitet hat. Denn je nachdem, wo sich der Sprengstoff befindet – ob beispielsweise in einem Koffer am Boden, in etwas höherer Lage versteckt in einem riesigen Schüttgutbehälter oder gar oben in einer Gepäckablage – zeigt er ein anderes Verhalten: Indem er sich hinlegt, sich ruhig hinsetzt oder auf die Hinterläufe stellt.

Sprengstoffspürhunde können alle militärischen und terroristischen Sprengstoffe anzeigen

Und es gibt keinen Grund, an der Nase der Tiere zu zweifeln. Auch, wenn sich Ende Dezember in Saarbrücken ein Sprengstoff-Verdacht nicht erhärtet hatte, als Hunde der Bundespolizei an einem Schließfach reagierten und der Bahnhof für eineinhalb Stunden abgesperrt wurde. Die Einsatzkräfte entdeckten dann lediglich eine Tüte mit Seifenstücken. „Die Hunde haben trotzdem alles richtig gemacht“, sagt Hansen. „Sie hatten auf das Glycerin in dem Reinigungsmittel reagiert, weil dieser Stoff zur Sprengstoffherstellung genutzt werden kann. Auch darauf sind unsere Hunde konditioniert.“

Ebenso wie auf Schwarzpulver, so dass sie auch Waffen, Munition und sogar Kleidung mit Schmauchspuren ausfindig machen können. „Generell sind die Sprengstoffspürhunde der Bundespolizei in der Lage, alle industriellen, militärischen und terroristischen Sprengstoffe anzuzeigen“, sagt Polizeioberkommissar Glaub.

Ein Diensthund ersetzt mehrere Polizeibeamte

Ihren täglichen Dienst versehen sie auch als Diensthunde bei Streifendiensten, im Fußballstadion, an Flughäfen und Bahnhöfen. „Meine Hunde haben mich schon mehrmals gerettet“, sagt Polizeihauptmeister Thomas Schiller, der seit 24 Jahren Diensthundeführer bei der Bundespolizei ist. „Sonst wäre ich überrannt worden.“ Die Vierbeiner haben durch ihr imposantes Erscheinungsbild nicht nur eine Schutzfunktion für die Beamten. „Gerade bei Fußballeinsätzen sind sie sehr gewinnbringend“, sagt Glaub. „Sie ersetzen mehrere Kollegen, weil sie breitere Räume abdecken können.“

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