Thüringens sogenanntes Gefahrenhunde-Gesetz soll liberaler werden: Wenn sich Hunde bestimmter Rassen als umgängliche Vierbeiner erweisen, entfiele die Maulkorbpflicht.
Erfurt – Thüringen hält an der Rasseliste gefährlicher Hunde fest, lässt künftig aber einen Wesenstest für diese Tiere zu. Das sehe das überarbeitete Tiergefahrengesetz vor, mit dem sich am Dienstag die Landesregierung beschäftigt habe, teilte Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) am Dienstag in Erfurt mit. Bestehen Hunde gefährlicher Rassen den Wesenstest und erweisen sich als umgängliche Vierbeiner, sollen für sie strenge Auflagen wie die Maulkorbpflicht entfallen.
Poppenhäger kündigte an, dass es zu dem Gesetzentwurf eine Anhörung geben wird. In Thüringen war auch diskutiert worden, die seit Einführung 2011 umstrittene Liste gefährlicher Hunderassen wieder abzuschaffen.
Auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte Bedenken gegen eine Rasseliste geäußert. Auf ihr stehen American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Pitbull Terrier und Staffordshire Bullterrier. Durch den Wesenstest könne nun die vermutete Gefährlichkeit von Hunde dieser Rassen im Einzelfall widerlegt werden, erklärte Poppenhäger.
Gleichzeitig verteidigte er die Rasseliste. Die damit verbunden Regelungen sollen vor allem Kinder und ältere Menschen vor Hundeattacken schützen. Sie resultierten aus «furchtbaren Vorfällen mit sogenannten Kampfhunden in der Vergangenheit auch in Thüringen», erklärte Poppenhäger.
Den Wesenstest müssten Hundebesitzer veranlassen und auch bezahlen, erläuterte ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage. Die Ordnungsbehörden sollten bei einem erfolgreichen Test eine Bescheinigung ausstellen, mit der der Besitzer die Ungefährlichkeit seines Hundes dokumentieren könne.
Das geänderte Gesetz sieht außerdem vor, dass Auflagen wie die Kastrationspflicht für gefährliche Hunde weiter gelten, aber nicht mehr so streng wie bisher gehandhabt werden müssen. Es könnten beispielsweise kranke oder ältere Hunde davon ausgenommen werden, wenn der Eingriff für sie lebensbedrohlich wäre. Die Pflicht, gefährliche Hunde unfruchtbar zu machen, sei künftig eine «Soll-Bestimmung». Bisher ist sie ein zwingendes Gebot.
Nach Angaben des Innenministeriums gehören nur rund 660 der in Thüringen gehaltenen Hunde zu den als gefährlich definierten Rassen.
Ihre Zahl war in den vergangenen Jahren um fast 200 zurückgegangen. Ob die Neuregelungen auch Auswirkungen auf die Höhe der Hundesteuer haben, entscheiden die Kommunen. Sie setzen die Höhe der Hundesteuern fest. Gleiches gilt für den Leinenzwang, der nach der geplanten Gesetzesänderung für die Hunde entfällt, die den Wesenstest bestehen. Viele Städte schreiben aber eine Leinenpflicht für alle Hunde vor.