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Der will doch nur spielen! Der tut nichts!

SOURCE: ©dpa/Stephanie Pilick

Ein Hund braucht Auslauf. Doch manche Halter unterschätzen ihre Vierbeiner. Für Jogger und Spaziergänger kann das zumindest zum Ärgernis werden, für Rehkitze und junge Hasen sogar tödlich enden.

Ein Jogger im Wald. Plötzlich kommt ein Hund auf ihn zu, springt um seine Beine, bellt. Aus der Ferne ruft das Herrchen: „Der will doch nur spielen! Der tut nichts!“ Eine Szene, wie sie sich täglich viele Male auch in hessischen Wäldern zuträgt. In der überwiegenden Zahl der Fälle gehen solche Begegnungen glimpflich aus – sieht man von Schreck und Ärger für den Betroffenen einmal ab. Auch der Hundehalter hat sich keine rechtliche Verfehlung zuschulden kommen lassen, solange nichts passiert. Denn die Rechtslage ist schwammig.

„In Deutschland gibt es sehr unterschiedliche Regeln, was mit Hund im Wald erlaubt ist und was nicht“, sagt Udo Kopernik vom Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH). Während in Brandenburg im Wald eine generelle Leinenpflicht herrsche, bestehe etwa in Nordrhein-Westfalen Wegpflicht. Das heißt, ein freilaufender Hund hat dort links und rechts des Waldweges nichts zu suchen.

Grundsätzlich ist eben auch ein Hund ein Raubtier

Das Hessische Jagdgesetz besagt, dass es verboten ist, Hunde in einem Jagdbezirk unbeaufsichtigt laufen zu lassen. „Unbeaufsichtigt ist ein Hund dann, wenn er sich außerhalb des Einwirkungsbereiches seines Besitzers befindet“, erklärt Petra Westphal, Sprecherin des Landesbetriebs HessenForst. „Mit dem Jagdgesetz wird nicht festgelegt, ob sich der Hund an einer Leine befinden muss oder nicht.“

Wie sich ein Hund im Wald beim Anblick eines Joggers oder eines Wildtieres verhält, hängt stark mit seiner Erziehung zusammen. „Trotzdem gibt es immer wieder für das Tier unbekannte Situationen, in denen sich der Instinkt ein- und die Erziehung ausschaltet“, sagt Westphal. „Grundsätzlich ist eben auch ein Hund ein Raubtier. Und manche Hundehalter unterschätzen ihr Tier.“

Rehkitze, aber auch kleine Hasen oder Vögel sind besonders gefährdet

Kopernik warnt: „Als Jogger sollte ich bedenken, dass Nachlaufen und Jagen des Hundes liebstes Spiel ist. Vor, während und nach der Begegnung mit einem herrenlosen Hund sollte man also besser nicht laufen.“ Er rät: Ruhig weitergehen, den Hund am besten ignorieren und wenn kein Herrchen oder Frauchen auftaucht, die Polizei verständigen.

Während die Begegnungen mit Joggern meist glimpflich ausgehen, ist das bei Waldtieren häufig anders. Gerade im Frühjahr und Frühsommer sind vor allem Rehkitze, aber auch kleine Hasen oder Vögel besonders gefährdet. In dieser Zeit soll man einen Hund selbst in der Nähe von Wegen nicht frei laufen lassen, fordern die hessischen Förster übereinstimmend.

Hundehalter sind voll haftbar für die Schäden

Hunde, aber auch Katzen trainieren an Jungtieren, Beute zu erlegen, wie Westphal sagt. In der Regel fressen sie ihre Opfer nicht. Diese bleiben schwer verletzt oder verendet liegen. Aber selbst wenn ein Jungtier nicht verletzt wird, kann schon eine Störung ausreichen, dass es die Eltern nicht mehr annehmen. Das gilt natürlich auch, wenn die Jungtiere in Kontakt mit Menschen kommen.

Konkrete Zahlen, wie viele Waldtiere durch Hunde direkt oder indirekt getötet werden, gibt es nicht. Die Dunkelziffer sei hoch, heißt es aus den Forstämtern. „Die Besitzer melden sich selten, sei es aus Scham oder weil sie eine Strafe befürchten“, sagt Westphal.

Denn Hundehalter sind voll haftbar für die Schäden, die ihre Tiere verursachen. Da von einem Hund potenziell eine Gefahr ausgehen kann, gilt die sogenannte Gefährdungshaftung, wie der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) erklärt. Auch wenn er während der Entstehung des Schaden gar nicht anwesend war oder sich völlig korrekt verhalten hat, muss der Halter für die Schäden aufkommen.

Im Jahr 2014 wurden 249 Menschen gebissen

Etwa 100 000 Haftpflichtschäden im Jahr gibt es laut GDV durch Hunde in Deutschland. Die Schadenssumme beläuft sich auf etwa 80 Millionen Euro. Zahlen des hessischen Innenministeriums besagen, dass bissige Hunde fast genau so oft Menschen verletzen wie ihre Artgenossen: Im Jahr 2014 wurden 249 Menschen gebissen, zehn davon trugen schwere Verletzungen davon. 231 Mal erwischte es andere Hunde, 37 der Tiere starben.

Wenig Gefahr müssen die Hunde von Jägern fürchten – obwohl sie laut Jagdgesetz abgeschossen werden dürfen, wenn sie sich außerhalb des Einflussbereichs ihres Besitzers befinden. De facto gelte ein Abschussverbot für die Tiere, heißt es aus Forstkreisen.

Gefährlicher wird es für Hunde, wenn sie sich mit den falschen Tieren anlegen. Wildschweine etwa, die sehr wehrhaft sind. „Wenn es da zu einer Konfrontation mit einem Hund kommt, geht das in der Regel zulasten des Hundes“, sagt Hilmar Branz vom Forstamt Darmstadt.

Hier ist gegenseitiger Respekt und Rücksichtnahme wichtig

Kopernik weist darauf hin, dass im Wald sehr unterschiedliche Interessengruppen aufeinandertreffen, darunter Jäger, Sportler, Naturliebhaber, Reiter oder eben Hundehalter. Begegnungen seien deswegen nicht immer konfliktfrei. „Hier ist gegenseitiger Respekt und Rücksichtnahme wichtig“, sagt Kopernik. „Da nehme ich als Hundehalter meinen Hund lieber einmal öfter an die Leine, wenn ich anderen begegne.“

 

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