Listenhunde, abfällig Kampfhunde genannt, haben kein gutes Image. Sie gelten vielen als unberechenbar und aggressiv. Obwohl diese Vorurteile größtenteils ins Reich der Fantasie gehören und Probleme mit Hunden meist auf Haltungsfehler zurückzuführen sind, haben sich auch auf rechtlicher Ebene in vielen Bundesländern Restriktionen bei Zucht, Erwerb und Haltung durchgesetzt. Da nur bestimmte Hunderassen durch die jeweilige Rasseliste erfasst werden, gelten diese als Listenhunde.
Die Gesetzgebung ist jedoch keineswegs einheitlich. Während einige wenige Bundesländer überhaupt keine Rasseliste kennen, stehen in anderen Ländern eine ganze Reihe Rassen unter Generalverdacht, etwa in Bayern, Brandenburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Üblicherweise sind Rassen Kategorien zugeordnet.
– Gefährlich ohne die Möglichkeit zur Widerlegung
– Gefährlich bis zur Widerlegung
Dass das Bundesland überhaupt die Möglichkeit bietet, die Gefährlichkeit eines Listenhundes durch einen sogenannten Wesenstest zu widerlegen, ist nicht immer der Fall. Berlin, Hessen und einige andere Ländergesetze unterscheiden beispielsweise keine Kategorien. Ebenso ist nicht einheitlich geregelt, welche Beschränkungen durch die Einstufung als Listenhund entstehen. Auch hier ist immer das jeweilige Bundesland zu betrachten.
Wichtig zu wissen: Die meisten Bundesländer gehen in ihrer Beurteilung nach dem Phänotyp eines Hundes. Bestreitet der Halter die angenommene Rasse, ist dies ggf. nachzuweisen, etwa durch das Pedigree des Hundes oder einen geeigneten Gentest! Dies gilt auch für Reisen ins Ausland.
Beispiel 1: Listenhunde in Berlin
In Berlin gelten folgende Rassen sowie Kreuzungen dieser als Listenhunde gemäß der Gefährliche-Hunde-Verordnung vom 22. August 2016 und damit als gefährlich:
1. Pit Bull Terrier
2. Staffordshire Terrier
3. Bullmastiff
4. Bullterrier
5. Dogo Argentino
6. Fila Brasileiro
7. Mastiff
8. Mastín Español
9. Mastino Napoletano
10. Tosa Inu
Für Berlin ergeben sich aus der bestehenden Gesetzeslage für die Haltung eines Listenhundes folgende Vorschriften:
Die Haltung ist unverzüglich unter Angabe von Rasse, Chipnummer, Geschlecht und Geburtsdatum des Hundes sowie des vorherigen Halters dem Ordnungsamt zu melden.
Der Halter des Hundes muss volljährig sein und ein Führungszeugnis beantragen.
Der Halter ist verpflichtet, seine Sachkunde nachzuweisen.
Der Halter ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung mit maximal 500 Euro Selbstbeteiligung pro Versicherungsjahr nachzuweisen.
Der Hund muss mit Erreichen des 15. Lebensmonats einen Wesenstest durchlaufen.
Es besteht Maulkorb- und Leinenpflicht.
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern lässt Berlin keine Befreiung von der Maulkorbpflicht bei positivem Wesenstest/Sachkundenachweis zu. Lediglich die Befreiung von der Leinenpflicht ist durch das Ordnungsamt im Einzelfall möglich, sodass sie auf unbelebten Straßen, Brachflächen und Hundeauslaufgebieten unangeleint geführt werden können. Die allgemeine Leinenpflicht auf Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, im Wald etc. ist dennoch zu beachten.
Beispiel 2: Listenhunde in NRW
Nordrhein-Westfalen unterscheidet zwischen gefährlichen Hunden sowie deren Kreuzungen (hier „G“ für gefährlich) und besonderen Hunden sowie Kreuzungen, deren Gefährlichkeit widerlegt werden kann (hier „GoW“ für gefährlich ohne positiven Wesenstest).
1. Alano (GoW)
2. American Bulldog (GoW)
3. Pit Bull Terrier (G)
4. American Staffordshire Terrier (G)
5. Bullmastiff (GoW)
6. Bullterrier (G)
7. Dogo Argentino (GoW)
8. Fila Brasileiro (GoW)
9. Mastiff (GoW)
10. Mastín Español (GoW)
11. Mastino Napoletano (GoW)
12. Rottweiler (GoW)
13. Staffordshire Bullterrier (G)
14. Tosa Inu (GoW)
Rassen der Kategorie G dürfen nicht gezüchtet oder verkauft werden. Lediglich der Erwerb im Tierheim/Tierschutzverein ist möglich. Rassen der Kategorie GoW dürfen gezüchtet werden. Für NRW ergeben sich aus der Gesetzeslage folgende Vorschriften:
Halter von Listenhunden müssen ein Führungszeugnis vorlegen und mindestens 18 Jahre alt sein.
Halter müssen ihre Sachkunde nachweisen.
Gefährliche Hunde und solche besonderer Rassen dürfen aus Wohnung und Garten nicht ausbrechen können; bei Mietwohnungen ist eine spezielle Erlaubnis des Vermieters nötig.
Eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von mindestens 500.000 Euro (Personenschäden) bzw. 250.000 Euro (Sachschäden) ist verpflichtend.
Halter müssen körperlich in der Lage sein, ihren Hund an der Leine zu halten.
Der Hund ist zwingend zu chippen und ordnungsamtlich anzumelden.
Für Listenhunde besteht Leinen- und Maulkorbpflicht. Eine Befreiung ist bei positivem Wesenstest möglich.
Außerdem kennt NRW die 20/40-Regelung. Hunde, die über min. 20 Kilogramm bzw. 40 cm Widerristhöhe verfügen, sind große Hunde, für deren Haltung ein Sachkundenachweis und eine Haftpflichtversicherung nötig sind. Zudem müssen sie ebenfalls beim Ordnungsamt gemeldet werden.
Hundesteuer bei Listenhunden
Eine weitere Stellschraube, mit der die Gemeinden versuchen, die Zahl der Listenhunde zu beschränken, ist die Besteuerung. Die Höhe der Steuern liegt im Verantwortungsbereich von Städten und Gemeinden. Für Listenhunde fällt die Besteuerung in vielen Fällen deutlich höher aus, teilweise bis zu 1500 Euro jährlich.
In Berlin gibt es einen einheitlichen Jahressteuersatz von 120 Euro für den ersten Hund und jeweils 180 Euro für jeden weiteren Hund. Die Stadt Essen im Ruhrgebiet dagegen berechnet für gefährliche Hunde 852 Euro jährlich an Hundesteuer. In Düsseldorf kann ein gefährlicher Hund 600 Euro kosten, zwei bereits 900 Euro (pro Hund!), drei oder mehr 1200 Euro jährlich pro Hund – im Gegensatz zu 96 Euro Hundesteuer für einen Hund, der kein Listenhund ist.
Leben mit Listenhunden?