Wer seinen Hund ohne Leine führen will, sollte einen Sachkundenachweis bzw. Hundeführerschein haben. In Niedersachsen und Berlin ist er dann sogar Pflicht. Was müssen Zwei- und Vierbeiner können, um den sogenannten Hundeführerschein zu bestehen?
In zwei Bundesländern ist er in vielen Fällen schon Pflicht: der Sachkundenachweis, oder auch Hundeführerschein genannt. Damit weisen Halter nach, dass sie alles Wesentliche über Hunde wissen und ihr Tier unter Kontrolle haben. In Niedersachsen ist der Hundeführerschein seit Juli 2013 für Ersthundehalter Pflicht, in Berlin müssen Hundehalter den Sachkundenachweis seit Juli dieses Jahres ablegen, wenn sie ihr Tier ohne Leine führen wollen. In allen anderen Bundesländern kann der Hundeführerschein auf freiwilliger Basis abgelegt werden – mit Ausnahme von Hunderassen wie Pitbull und Bullterrier, bei denen die Prüfung Pflicht ist. Warum Hundebesitzer aber generell von dem Führerschein profitieren und das Training sogar Spaß macht, zeigt folgender Überblick:
Wo gibt es den Hundeführerschein?
Der Hundeführerschein wird unter anderem vom Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater (BHV), dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) und dem Berufsverband Zertifizierter Hundetrainer abgenommen. Die Kosten variieren. „Der Kurs zum Hundeführerschein des BHV wird von Hundeschulen und -vereinen angeboten, und entsprechend wird dort der Preis festgelegt“, erklärt Ariane Ullrich, Pressereferentin beim BHV. „Das Ablegen des Führerscheins kostet cirka 80 bis 100 Euro.“ Nach bestandener Prüfung erhält der Halter eine Bestätigungskarte, der Hund eine Plakette.
Was muss der Halter können?
Bei der theoretischen Prüfung werden zum Beispiel Fragen zum Sozialverhalten von Hunden, ihrer Kommunikation und Körpersprache, Haltung und Pflege gestellt. Je nach Bundesland und Hundeführerschein umfasst der Theorieteil zwischen 100 bis 220 Fragen als Lernstoff, die der Halter beherrschen sollte. „Im Theorietest der niedersächsischen Sachkundeprüfung werden insgesamt 35 Fragen aus fünf unterschiedlichen Sachgebieten gestellt“, erklärt Hundetrainerin Ilka Schumacher von der Hundeschule SyMeHu in Hannover.
„Bestanden hat, wer insgesamt mindestens 70 Prozent – 25 von 35 Fragen – und aus jeder Kategorie mindestens 50 Prozent korrekt beantwortet.“ Zur Vorbereitung auf den Hundeführerschein gibt es Kurse an Hundeschulen, Lernapps für Smartphone, Tablet und PC sowie Fachbücher. Beispielfragen finden Interessierte auch im Internet, etwa auf der Homepage des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Klingt nach Prüfungsstress? Ist aber halb so wild. „Ich kann nur für meine Hundeschule sprechen, aber die Durchfallquote liegt unter einem Prozent“, sagt Schumacher. Und wenn es trotzdem nicht klappt: Der Test kann kostenpflichtig so oft wie nötig wiederholt werden.
Was passiert im praktischen Teil?
Hier ist das Mensch-Hund-Team gefragt. „Es werden gängige Alltagssituationen überprüft“, sagt Udo Kopernik, VDH-Pressesprecher. „Dies geschieht an unterschiedlichen Orten – auch unter Ablenkung.“ Geprüft wird das kontrollierte Gehen an der Leine. Das heißt: Der Hund darf nicht ständig an der Leine ziehen, muss Richtungs- und Tempowechseln folgen und anhalten, wenn der Hundeführer stehen bleibt. Das Ausführen der Kommandos „Sitz, „Platz„, „Steh“ oder „Bleib“ und der Rückruf müssen beherrscht werden. Der unangeleinte Hund soll seinem Halter in angemessenem Abstand folgen und muss einen fremden Hund im Abstand von zwei bis drei Metern passieren lassen.
Gutes Benehmen gegenüber anderen ist ebenfalls ein Muss. Außerdem muss das Tier sich vom Hundeführer problemlos Augen, Ohren, Zähne und Pfoten kontrollieren lassen.
Wo können Hund und Halter trainieren?
In der Hundeschule üben Mensch und Tier. Das gemeinsame Training macht nicht nur Spaß, sondern festigt die Beziehung. Selbst wenn die praktischen Übungen nicht perfekt funktionieren, ist das kein Weltuntergang. Denn während der Prüfung sind Hilfsmittel erlaubt. So dürfen ein festschnallbares Halsband, Leine und Pfeife zum Einsatz kommen. Futter oder Spielzeug als Belohnung sind ebenso zulässig wie Hör- und Sichtzeichen.
Was muss man zur Prüfung mitbringen?
Zur Prüfung müssen der Personalausweis oder Reisepass mit Meldebestätigung, Heimtier- oder Impfausweis des zu prüfenden Hundes mit eingetragener Chipnummer, Haftpflicht-Versicherungsnachweis und Anmeldebescheinigung mitgebracht werden. Von der Anleinpflicht kann nur die Person befreit werden, die die Prüfung mit dem Hund absolviert hat.
Wird es deutschlandweit eine Hundeführerscheinpflicht geben?
Beißangriffe mit unerzogenen Hunden feuern regelmäßig die Diskussion an, den Hundeführerschein deutschlandweit verpflichtend einzuführen. Macht das Sinn? „Der Sachkundenachweis hilft, Unfälle zu vermeiden, die oft aus einem Missverständnis heraus geschehen“, bestätigt Ariane Ullrich. Kennt man die Körpersprache von Hunden, weiß man lange vorher, dass man eingreifen muss.“ Allerdings hält sie es für sinnvoll, das Ablegen des Hundeführerscheins mit Vorteilen zu verbinden. Einige Kommunen befreien Halter etwa ein Jahr von der Hundesteuer, wenn sie den Führerschein abgelegt haben.