„Wilma“ hat ihn nicht, „Schnuffi“ auch nicht, „Jamie“ aber vielleicht bald: Einen Adressanhänger fürs Hundehalsband. Eigentlich ist das in Hessen vorgeschrieben. Nun meldet die FDP Datenschutzbedenken an – und macht sich zum Anwalt der Vierbeiner.

Wiesbaden – Die Angst vor möglichen Hundeentführungen treibt die FDP-Fraktion im hessischen Landtag um. Möglicherweise begünstige eine Lücke im Datenschutz am Halsband solche Straftaten, befürchtet der Abgeordnete und Rechtsanwalt Wolfgang Greilich. Nach der Hundeverordnung des Landes muss nicht nur die Steuernummer am Halsband baumeln – dort sollen zusätzlich Name, Anschrift und sogar Telefonnummer des Herrchens vermerkt sein. Also quasi alle Daten, die man für eine Entführung des Vierbeiners und eine anschließende Erpressung braucht.

Man habe von solchen Straftaten erfahren und sei hellhörig geworden, erklärt ein FDP-Sprecher in Wiesbaden. Die parlamentarische Anfrage der Fraktion ans Innenministerium blieb in Bezug auf Hundeentführungen jedoch wenig ergiebig. Aus den Statistiken lasse sich nicht herauslesen, ob die Daten am Halsband für Straftaten verwendet wurden, hieß es von dort.

Die Landestierschutzbeauftragte Madeleine Martin schätzt die Gefahr als eher gering ein. „Wir haben die Vorgabe ja schon länger, und mir ist bis heute kein Fall von Hundeentführung bekanntgeworden“, erklärt sie.

Nur wenige wissen von der Adresspflicht

Von den Herrchen, die im Wiesbadener Kurpark ihre Vierbeiner ausführen, wissen nur wenige überhaupt von der Adresspflicht.

„Mein Hund hat einen Chip, damit kann er ja auf jeden Fall identifiziert werden“, sagt der Besitzer eines Rhodesian Ridgeback. Angst vor einer Entführung hat er nicht. „Ich glaube nicht, dass jemand an ihn geht“, sagt der Mann mit Blick auf seinen stattlichen afrikanischen Jagdhund.

Mein Hund hat einen Chip, damit kann er ja auf jeden Fall identifiziert werden

Rosita Dörflinger weiß ebenfalls nichts von der Vorgabe. Sie hat zwar Bedenken, einen Adressanhänger am Halsband ihres Tibet-Terriers „Jamie“ baumeln zu lassen, will das aber trotzdem bald nachholen.

Hundekontrolltage in Wiesbaden

Wenn die Angaben fehlen, bleibt es zunächst bei einer mündlichen Verwarnung, wie ein Sprecher des Wiesbadener Ordnungsdezernates erklärt. „Wie man aber bei Fundtieren immer wieder feststellen kann, sind die erforderlichen Daten am Halsband angebracht.“

Die Stadtpolizei spürt Adress-Sündern in Wiesbaden unter anderem an speziellen Hundekontrolltagen nach. Informationen über die hessische Hundeverordnung seien in einem Flyer zusammengestellt, der in vielen öffentlichen Ämtern bereit liege.

Regelmäßige Kontrolle in Frankfurt

Die Stadtverwaltung Frankfurt geht davon aus, dass alle Hundehalter informiert sind. „Wie in allen Rechtsbereichen gilt auch hier der Grundsatz, dass sich jeder selbst über Vorschriften informieren muss“, teilt ein Sprecher mit. Die Stadtpolizei kontrolliere die Halsbänder auch regelmäßig – rund 100 bis 200 Bußgeldverfahren wegen fehlender Kennzeichnung würden jährlich eingeleitet. Im Standardfall droht eine Geldbuße von 70 Euro plus Gebühren von 28,50 Euro. «Im Wiederholungsfall kann die Geldbuße höher sein.»

Sporadische Kontrollen in Gießen

Die Stadt Gießen geht nach den Worten einer Sprecherin nicht davon aus, dass alle Herrchen von den Vorgaben wissen. Nur teilweise werde die Regel eingehalten. Kontrollen gebe es sporadisch, bei einem Verstoß belassen es die Behörden bislang bei einer mündlichen Verwarnungen. Das theoretisch mögliche Bußgeld von bis zu 5000 Euro sei natürlich unverhältnismäßig, erklärt die Sprecherin. Erst im Wiederholungsfall müsse ein Hundehalter mit einem Verwarnungsgeld in Höhe von 20 Euro rechnen.

In Darmstadt wird nach den Worten eines Sprechers nur selten ein Hund ohne den nötigen Anhänger am Halsband erwischt. Bußgelder wurden deswegen in den vergangenen Jahren nicht erhoben.

Noch ist er zu klein für ein Halsband

Die 15-jährige Antonella aus Wiesbaden hat ihren drei Monate alten „Schnuffi“ erst seit kurzem. „Noch ist er zu klein für ein Halsband“, sagt sie. Da stelle sich auch die Frage nach dem Adressanhänger derzeit nicht. Das Frauchen von „Wilma“ hat noch nie von der Regelung gehört und wurde auch noch nicht deswegen kontrolliert. Sie sieht keine Gefahr, dass ihre braune Mischlingshündin entführt werden könnte, selbst wenn sie die Daten am Halsband trüge. „Und ganz ehrlich, es gibt echt dringlichere Dinge.“

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