Nicht immer hauchen Hunde ihr Leben im heimischen Körbchen oder auf dem Tierarzt-Tisch aus. Sie sterben auch auf Autobahntrassen oder in Flüssen. Ehrenamtliche helfen, damit wenigstens die sterblichen Überreste an Herrchen und Frauchen gehen.
Hunde sind oft treue Weggefährten, die nach ihrem Tod einen würdevollen Abschied bekommen. Ein Grab mit Blumen und Kerzen auf einem Tierfriedhof, einen Urne mit von einem Künstler bemalten Porträt des Lieblings. Was aber, wenn der vierbeinige Partner davonläuft und irgendwo unerkannt überfahren wird? Dann bringt manchmal ein Anruf von Brigitte Manges aus Waldsee in der Pfalz Gewissheit.
Verein Tote Hunde hilft
Manges ist Mitglied beim Verein Tote Hunde. In ganz Deutschland versuchen die ehrenamtlichen Helfer, unbekannte tote Hunde mit ihren Besitzern zusammenzubringen. So wie einen Mischling aus Schäferhund und Collie, der zwischen Speyer und Ludwigshafen auf der Autobahn 9 bei Neuhofen gefunden wurde. „Wir haben uns mit der Autobahnpolizei vor Ort getroffen, dann habe ich den Hund untersucht“, sagt Manges. „Ich habe gleich gesehen, dass der Hund noch nicht lange unterwegs war, weil er nicht nass war, obwohl es in der Nacht geregnet hat.“
Bei den umliegenden Polizeistationen aber sei keine Vermisstenanzeige eingegangen, sagt sie. Also las Manges mit einem Lesegerät den Chip aus, machte Fotos des grau-braunen Tieres, erfasste Details zum Körperbau sowie den Zahnstatus. Am Abend dann habe sich eine Frau ganz aus der Nähe gemeldet. „Was die Menschen dann immer von uns wissen wollen: Hat er leiden müssen?“, sagt Manges. „Oft ist es auch unsere Aufgabe, psychischen Beistand zu leisten.“
Tote Hunde werden oft einfach entsorgt
Im vergangenen Jahr wurden dem Verein knapp 100 Funde in Rheinland-Pfalz gemeldet. Bundesweit seien die Teams rund 850 Mal rausgefahren, sagt Sprecherin Alexandra Bungert. In rund der Hälfte der Fälle hätten die Besitzer ermittelt werden können. Oft aber entsorgten Straßenmeistereien oder Autobahnmeistereien die Fundtiere, ohne dass sie hinzugerufen würden. Das gleiche gelte für Hunde, die von Zügen überfahren werden oder in Flüssen ertrinken und dann von der Feuerwehr aufgelesen werden.
Ein weiteres Problem: Oft sind die Hunde nicht einwandfrei identifizierbar, denn nicht in allen Bundesländern besteht die Pflicht, ihnen einen Chip einsetzen zu lassen – auch nicht in Rheinland-Pfalz. Der RFID-Mikrochip, auch Transponder oder Tag genannt, wird den Hunden ohne Betäubung in den linken Nacken eingesetzt. Das weniger als einen Gramm schwere Stäbchen enthält eine 15-stellige, einmalige Identifikationsnummer, die mit einem Lesegerät ausgelesen werden kann.
Zentrale Erfassung von Tieren gefordert
„Wenn das tote Tier einen Chip hat, können wir die Nummer gleich beim Haustierregister oder Tasso abfragen„, sagt Bungert. Eine behördliche Datenbank, die bundesweit die Daten der Chips enthält, gibt es nämlich nicht – selbst wenn das Tier mit der Chip-Nummer beim Ordnungsamt vor Ort erfasst ist. „Eine Nummer führt noch lange nicht zum Besitzer“, weiß sie.
Susanne Riedel, die die Gruppe Totfundhund ins Leben gerufen hat, kämpft mit ähnlichen Problemen. Manchmal finden die Hobby-Detektive ein Halsband oder andere Merkmale, die Hinweise auf den Besitzer geben. „Manchmal ist es aber aussichtslos, wenn man nur ein paar Knochen vor sich liegen hat“, sagt Riedel. Die Mitglieder der beiden Gruppen fordern, dass es bundesweit nicht nur eine Chip-Pflicht, sondern auch eine zentrale Erfassung geben soll.
Mehr als 4,5 Millionen Hunde bei Tasso registriert
Bislang füllen Initiativen wie Tasso die Lücke. Mehr als 8,1 Millionen Tiere sind bei dem Verein nach eigenen Angaben registriert, darunter 4,6 Millionen Hunde. „Wenn jemand den Chip ausliest, kann er bei uns anfragen, 24 Stunden am Tag, jeden Tag im Jahr“, sagt Sprecherin Laura Simon. „Dann kontaktieren wir den Halter.“ Stimmt dieser zu, wird er mit den Findern des toten Hundes verbunden. Mehr als 30 000 entlaufene Hunde hat Tasso im vergangenen Jahr zu den Besitzern zurückgebracht – die meisten allerdings lebendig.
Wenn Herrchen und Frauchen die Nachricht bekommen, dass ihr Haustier tot ist, reagieren sie oft sehr emotional. „Die Menschen sind manchmal völlig fertig“, sagt Bungert. Aber es sei ihnen doch sehr wichtig zu erfahren, wie das Leben ihres Tieres geendet hat. Noch viel schlimmer nämlich sei die Ungewissheit. „Für viele ist es der blanke Horror, nie zu erfahren, was mit ihrem Tier passiert ist.“