Auf Gehwegen in Hundekot zu treten ist eklig. Aber auch in freier Natur gehört der Kot eingesammelt. Da geht es nicht nur um schmutzige Schuhe. Es lauern ganz andere Gefahren.
Sils Maria – Christa Alder und Henry, das ist beim Rumtollen auf der Wiese am Silsersee im Schweizer Kanton Graubünden ein Herz und eine Seele. Wenn Henry „muss“, ist Alder sofort mit Plastiktüte zur Stelle, um die Hinterlassenschaft einzusammeln. Ein paar Meter weiter steht ein Kotbeutelspender mit Abfallbehälter für die volle Tüte. „Ich kenne es nicht anders, das ist doch selbstverständlich“, sagt die Schweizer Urlauberin aus Meilen. Nicht nur in Städten, Parks und Dörfern, auch in freier Natur und auf Wanderwegen sind in der Schweiz „Hundetoiletten“ praktisch flächendeckend installiert.
Davon können Wanderer und Bauern in Deutschland nur träumen. Hundehalter nutzen Felder und Weiden gerne als Klo für ihre Vierbeiner. Nicht nur den Kühen, auch den Bauern stinkt’s. „Die Hunde kommen aus allen Himmelsrichtungen und dann wird auf die Wiese gemacht ohne Rücksicht auf den Bauern, der seine Kühe davon füttern muss“, beschwerte sich Milchbauer Thomas Rentschler bei Stuttgart unlängst im SWR-Fernsehen. Viele Hundebesitzer sind ahnunglos. „Ist doch wie Düngen“, meinen sie, aber das ist ein Trugschluss.
„In den abgesetzten Haufen wimmelt es von Erregern und Bakterien“, so die deutschen Bauernverbände in einer Informationsbroschüre. Bei Gülle, die Bauern auf Feldern ausbringen, sind Krankheitserreger durch die lange Lagerung abgestorben. Bei frischen Hundehaufen sind die Erreger dagegen noch aktiv. So landet der Hundekot womöglich mit Heu im Futtertrog der Kühe. Kühe könnten sogar Fehlgeburten erleiden, sagt Bauer Rentschler. Bei Salat- und Erdbeerfeldern etwa ist der Ekelfaktor besonders hoch.
In Ernen im Kanton Wallis kommt Ursula von Matt aus Zürich mit ihrer Hündin Selena gerade vom Wandern. Sie hat immer Kotbeutel im Rucksack, für alle Fälle. „Nicht alle Wanderer sammeln ein“, sagt sie. „Ich spreche Hundebesitzer an, wenn ich das sehe.“ Durch ein paar schwarze Schafe bekämen alle Hundebesitzer einen schlechten Ruf.
„Ein Dauerthema“, stöhnt Hans Rüssli beim Schweizer Bauernverband. „Ist doch klar, dass die Kühe bei Kotbergen die Nase rümpfen und kein verschissenes Futter haben wollen“, sagt er. Bauern können beim Verband Plakate für ihre Felder bestellen. „Ich esse lieber Gras statt Müll“ steht auf einem mit einer verdrießlich dreinschauenden Cartoon-Kuh. „Abfall macht mich krank“, moniert eine andere Kuh. „Danke für saubere Felder.“ Rüssli schätzt aber, dass 95 Prozent der Hundehalter in der Schweiz sich an das Aufsammelgebot halten.
Dass die Lage in der Schweiz deutlich besser ist als in Deutschland, habe mit der Hundesteuer zu tun, sagt Heinz Zumsteg. Seine Firma Robi hat nach eigenen Angaben vor mehr als 30 Jahren die „Hundetoilette Robidog“ mit Abfallbehälter und der Koteinsammeltüte erfunden. „In Deutschland ist das eine Luxussteuer, die in den allgemeinen Etat der Gemeinden fließt, in der Schweiz ist die Hundesteuer zweckgebunden“, sagt er. Das Geld muss fürs Hundemanagement eingesetzt werden. Robi sei Marktführer in der Schweiz, sagt Zumsteg. Die Firma schätzt allein die Zahl der Robidog-Systeme schweizweit auf 30 000. Andere Anbieter sind auch im Markt.
In Pontresina ist ein Herrchen mit Hund Lazuli unterwegs. Der Mann hat den Kotbeutel schon beim Start der Wanderung in die Hundeleine geknotet. „Das ist doch eine Frage des Anstands“, sagt er. Noch schlimmer als Hundehaufen findet der passionierte Wanderer allerdings etwas Anderes: „Menschen, die in die Büsche machen. Die dekorieren ihre Hinterlassenschaft dann auch noch mit Papier.“