Jeden Winter machen sich Tausende Pakistaner in die Wälder des Punjab auf. Ihr Ziel: Die dortigen Hundekämpfe. Die sind zwar verboten, aber das hält weder Züchter noch zockende Zuschauer vom grausamen Spektakel ab.
Haripur – Blut tränkt den Boden. Shola und Dora haben sich ineinander verbissen. Die Kampfhunde bellen und jaulen, wenn wieder Blut fließt. Um sie herum sitzen Männer auf dem Boden und feuern ihre Favoriten an. Seit einer halben Stunde tobt der Kampf. Je heftiger die bulligen Tiere einander attackieren, desto höher die Aufregung bei den Zuschauern.
„Ich liebe es. Das macht echt Spaß“
„Ich liebe es. Das macht echt Spaß“, sagt der 23 Jahre alte Naveed Ahmed. Mit Freunden ist er aus dem Norden Pakistans in die bewaldeten Berge im Punjab gereist, wo jeden Winter diese in dem muslimischen Land verbotenen Hundekämpfe stattfinden. Durch das karge Tal hallen Gebell, Kampflärm und das Johlen der Zuschauer – eine fast unheimliche Atmosphäre.
Die Regeln sind einfach: Ein Kampf endet, wenn ein Hund stirbt, vor Schmerz den Kampf aufgibt oder sein Besitzer ihn aus dem Ring nimmt.
Wann genau dieser brutale Zeitvertreib seinen Einzug in Pakistan gehalten hat, weiß niemand so genau, doch er gehört zur örtlichen Tradition. Trotz Verbot und Kritik von Tierschützern wird von Januar bis März gekämpft.
Sholas Besitzer, Noor Ahmed (45), ist mit der zwei Jahre alten grauen Dogge Hunderte Kilometer nach Haripur gereist. „Ich mag Hunde“, sagt er, als Sholas Name über Lautsprecher für den nächsten Kampf aufgerufen wird. „Ich bringe Shola her, weil ich stolz bin. Gewinnt er, bin ich glücklich.“ Einen Kampfhund großzuziehen sei teuer und zeitaufwendig, erklärt er. „Ich füttere ihn mit Milch, Fleisch, Nüssen und Joghurt. Und jeden Tag kriegt er eine Massage mit Olivenöl und ich laufe und trainiere mit ihm.“ Umgerechnet 350 Euro gibt er im Monat für einen Hund aus – fast genug, um im ländlichen Pakistan eine Familie zu ernähren.
Seine letzten zwei Kämpfe hat Shola gewonnen. Doch heute hat Dora die Oberhand. Es war der neunte Sieg für den Bullterrier-Doggen-Mischling, sagt Doras Besitzer, Amjad Khan (55) aus Kaschmir. Dora hat den Kampf mit nur leichten Wunden überstanden. In einem nahen Fluss wäscht Khan die Verletzungen mit Desinfektionsmittel aus. Er leide, wenn sein Hund verletzt werde, sagt er. „Ich ziehe den Hund wie mein Kind auf.“ Aber: Der Sport bereite Vergnügen und mache ihn stolz. Kämpfe bis zum Tod kommen selten vor, Verletzungen sind aber an der Tagesordnung, wie der Tierarzt Akmal Rana sagt. „Manchmal sind die Hunde so mitgenommen, dass es Monate dauert, bis sie wieder gesund sind.“
Ein Grund für die unverminderte Beliebtheit der Hundekämpfe seien die Wetten, sagt einer der Veranstalter, Shah.
„Viele wetten auf den Ausgang der Kämpfe.“ Die Polizei blickt weg. Zu viele kulturelle Befindlichkeiten seien im Spiel. „Diese Hundekämpfe finden seit Generationen hier statt“, sagt etwa der Polizeichef von Haripur, Khurram Rashid. Es gehöre zur örtlichen Kultur. „Wir wissen, dass es verboten ist, aber wir haben noch nie jemanden deswegen verhaftet.“
Und selbst wenn jemand festgenommen würde, wären die Strafen nicht sonderlich streng, sagt der Anwalt Asad Rajput aus Islamabad. Sechs Monate Gefängnis wegen Tierquälerei wären das Maximum. „Das ist nicht genug. Und in 25 Jahren als Anwalt habe ich noch keine Anklage wegen Tierquälerei erlebt.“ Den Menschen in Pakistan sei das Tierwohl egal, klagt Mustafa Ahmed von „Home Four Paw & Claw“ (dt. etwa: „Ein Heim für vier Pfoten und Krallen“) im südpakistanischen Karachi. Die Tierretter versorgen auch verletzte Kampfhunde.
„Diese Grausamkeiten müssen aufhören.“
„Diese Grausamkeiten müssen aufhören.“ Es müsse Regeln geben, damit die Tiere nicht verletzt werden, fordert Ahmed. „Wir können nicht eine schlechte Tradition unverändert fortführen, nur weil wir das schon seit Generationen so gemacht haben.“
Kurz vor Beginn des letzten Kampfes an diesem Tag in Haripur kündigt Veranstalter Shah die nächsten Termine an. Am Ende des Kampftages hat der Fluss das Blut der Hunde längst wieder weggewaschen.