Die Soko Tierschutz und die Organisation Cruelty Free International konnten einen Undercover-Ermittler in Deutschlands abgeschottetes Tierversuchslabor LPT in Mienenbüttel/Hamburg einschleusen. Die Gesichter von Beagles mit Schmerzen in blutverschmierten Zwingern ohne Beschäftigung. Das Veterinäramt Harburg hat gegen das Labor LPT (Laboratory Pharmacology and Toxicology) ein Verfahren wegen Rechtsverstößen gegen den Tierschutz eingeleitet.

Das LPT in Mienenbüttel nahe Hamburg macht Giftigkeitsversuche an Hunden, Katzen, Affen und Kaninchen für Auftraggeber aus Deutschland und weltweit.

Das Labor agiert völlig abgeschottet. Einblicke, selbst durch die Politik, waren unerwünscht. Eine Undercover-Recherche von SOKO Tierschutz und Cruelty Free International beweist unhaltbare Zustände, rechtswidrige Tierhaltung, grausame Versuche und Brutalität gegen die Tiere. Mit dieser Aufdeckung erhält das aktuelle Vertragsverletzungsverfahren der EU wegen der schlechten Zustände in deutschen Tierversuchslabors erschütternde Beweise für das Versagen der deutschen Politik beim Schutz von Versuchstieren.

Undercover im Tierversuchslabor: Schreckliche Qualen für Affen und Hunde
Sterbender Beaglehund_StudieSchweiz_LPT2019 © SOKO Tierschutz/crueltyfree int

Deutschland hält EU-Vorgaben nicht ein

Im Ermittlungszeitraum von Dezember 2018 bis März 2019 dokumentierte der Ermittler mehrfach, wie Hunde, nachdem ihnen Schläuche oder Kapseln in den Hals gezwungen wurden, entsetzlich bluteten. Das Bildmaterial zeigt blutverschmierte Zwinger. Die Hunde gingen teilweise grausam zugrunde und wurden nicht ausreichend überwacht und umsorgt. Die gesamte Hundehaltung verfügt über kein nach EU-Recht vorgeschriebenes Beschäftigungsmaterial. „Es ist erschütternd zu sehen, wie sich diese Hunde nach Zuneigung und Fürsorge verzehren und dann so erbärmlich in ihrem Blut sterben müssen“, beschreibt SOKO Tierschutz Ermittler Mülln die Szenen.

Den schlimmsten Haltungsbedingungen in dem Labor sind die Affen ausgesetzt. Sie leben teilweise in engen Käfigbatterien und in keinem der Käfige gab es das gesetzlich vorgeschriebene Beschäftigungsmaterial. Diese Wildtiere leiden unter Stress und Käfighaltung. Die Folgen sind Tiere, die sich wie verrückt im Kreis drehen und das sogar rückwärts. Ein Teil der Käfige verstößt gegen in Deutschland verbindliches EU-Recht.

Nicht geschulte Tierpfleger

Die Affen werden bei Versuchen mit äußerster Grobheit behandelt: Es kam zu blutigen Verletzungen und ein Mitarbeiter schlug einen Affen absichtlich krachend gegen die Türkante. Widerstand gegen solche Übergriffe ist nach Aussagen eines Mitarbeiters sinnlos. Die Person habe es versucht, es sei den Vorgesetzten egal. Unter den zahlreichen Arbeitern der Einrichtung befand sich nur ein ausgebildeter Tierpfleger. Der Rest der Arbeiter rekrutiert sich z.B aus Schlachtern, Mechanikern und einem Militärmusikanten.

Wie im MDR zu lesen zählt Renate Künast, frühere Landwirtschaftsministerin und jetzt tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen, drei Kritikpunkte auf: „Die Sachkunde von Personen, die Versuche durchführen, ist nicht ausreichend geregelt. Tierärzte müssen bei den Versuchen nicht dabei sein. Unglaublich eigentlich. Die Kontrollen sind unzureichend, weil es keine Schwerpunktprüfungen gibt. Schwere Mängel.“ Diese Mängel hat das Landwirtschaftsministerium inzwischen eingeräumt. Für Korrekturen hat es die EU um einen Aufschub bis November 2020 gebeten.

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Tierversuche für Studien

In einer Katzenstudie für eine Tierarzneimittelfirma wurde ein Antibiotikum mit dem gleichen Wirkstoff, aber mit Geschmack, verglichen. Dazu wurden den Katzen die Beine an einem einzigen Tag 13-mal zerstochen. Auch hier mangelte es den Mitarbeitern an Fähigkeiten, mit Folgen für die Tiere.

Großdemonstration gegen die Tierversuche am LPT:
Samstag den 19. Oktober in Neugraben, 14 bis 17 Neugraben Markt
Mahnwache 19 bis 21 Uhr Mienenbüttel
Weitere Infos hier.

Die Tiere müssen zu all dem Leid auch noch weltweite Tiertransporte ertragen: Katzen aus Spanien, Hunde aus den USA und Affen aus China. Die meisten Studien enden mit dem Tod der Tiere. Das Video zeigt, wie Hunde regelrecht geschlachtet werden und Katzen in Müllsäcken landen.

Undercover im Tierversuchslabor: Schreckliche Qualen für Affen und Hunde
Begale mit schweren Blutungen LPT12.2018 © SOKO Tierschutz/crueltyfree int

„Jedes Jahr werden hunderttausende Tiere in Europa für regulatorische, toxikologische Tests vorsätzlich vergiftet. Unsere Recherche enthüllt entsetzliches Tierleid, unzulängliche Pflege der Tiere, schlechte Praktiken und Brüche europäischen und deutschen Rechts. Wir fordern eine umfassende Aufarbeitung dieses Falls und allgemein solcher Tierversuche in Europa“, so Michelle Thew von Cruelty Free International.

In Deutschland sterben jedes Jahr mindestens 2,8 Millionen Tiere an Tierversuchen.

Forderungen: Sofortige Schließung des Labors

SOKO Tierschutz und Cruelty Free International fordern ein sofortiges Ende der veralteten, gefährlichen und grausamen Giftigkeitstests an Tieren und die Schließung des Labors durch die Behörden. „Es ist unverantwortlich, dass der Staat diese Versuche zwar anordnet, aber Giftigkeitstests z.B. an Hunden oder Kaninchen nicht genehmigungspflichtig sind. Hier zieht sich Deutschland aus der Verantwortung.

Die angeblichen Sicherheitstests bringen zudem keine Sicherheit für den Menschen und Tieren nur einen grausamen Tod“, sagt SOKO Sprecher Friedrich Mülln, der 2003 selbst undercover in einem solchen Labor arbeitete. Sein Fazit: „Leider haben sich die Zustände bei den Tierversuchen in diesem lang Zeitraum sogar verschlechtert. Es ist erschütternd zu sehen, dass Wildtiere wie Affen nach wie vor unter solch schrecklichen Bedingungen gehalten werden.“

Dieses Thema im Programm: Das Erste | FAKT | 15. Oktober 2019 | 21:45 Uhr

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