Spaziergänger und Wanderer bekommen Marderhunde nur selten zu sehen. Dennoch ist der nachtaktive Beutegreifer in Niedersachsen inzwischen fast überall unterwegs.
Hannover – Der Vormarsch des Marderhundes in Niedersachsen geht weiter. Einhergehend damit ist die Abschusszahl des nachtaktiven Allesfressers auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Im abgelaufenen Jagdjahr 2015/2016 wurden landesweit 2849 Marderhunde zur Strecke gebracht. Dies sind fast 500 Tiere oder 21 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie aus dem aktuellen Landesjagdbericht des Agrarministeriums hervorgeht. Die Abschusszahl hat sich damit innerhalb eines Jahrzehnts um rund 1000 Prozent erhöht.
Der erneut starke Anstieg der Abschusszahl wird von Fachleuten als Anzeichen für die massive Ausbreitung des Marderhunds in Niedersachsen gewertet. Dafür spricht auch, dass die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Tiere ebenfalls weiter gestiegen ist.
Die ersten Marderhunde waren in Niedersachsen vor 20 Jahren geschossen worden. Seither breiten sich die ursprünglich aus Ostasien stammenden Tiere immer weiter aus. Nach Angaben der Landesjägerschaft wurden Marderhunde mittlerweile schon in allen niedersächsischen Landkreisen erlegt.
Die Herkunft der Marderhunde
Der im östlichen Sibirien, im nordöstlichen China und Japan beheimatete Marderhund war Mitte des 20. Jahrhunderts in Westrussland und der Ukraine massenhaft als jagdbares Pelztier ausgesetzt worden. Seither befindet sich Nyctereutes procyonoides (so der Fachname) auf dem Vormarsch.
Marderhunde streifen nach Angaben der Landesjägerschaft weit umher. Sie können Strecken bis zu 400 Kilometern zurücklegen. Weil sie auch gute Schwimmer seien, stellten Flüsse für sie kein echtes Hindernis dar, schreibt der Wildtierexperte Egbert Strauß im Landesjagdbericht.
Verbreitung der Marderhunde
Wenn man von den Abschusszahlen ausgeht, sind Marderhunde in Niedersachsen am stärksten in den östlichen Landesteilen verbreitet. Am meisten Tiere (408) wurden im Kreis Uelzen erlegt. Es folgen die Landkreise Lüneburg (387), Gifhorn (326), Lüchow-Dannenberg (270) und Harburg (215).
Ebenso wie in einigen westlichen Teilen Niedersachsens wurden dagegen im Harz so gut wie keine Marderhunde geschossen. Dies habe vermutlich aber nichts damit zu tun, dass die Marderhunde dem deutlich stärkeren Luchs aus dem Weg gehen wollen, sagte Ole Anders vom Nationalpark Harz. „Es dürfte wohl eher mit dem vergleichsweise rauen Klima in der Mittelgebirgslandschaft zusammenhängen.“ Marderhunde bevorzugen gewässerreiche Lebensräume mit Laub- und Mischwäldern, feuchte Wiesen mit Gebüschen oder schilfreiche See- und Flussufer.
Dass Wanderer den Marderhund kaum zu sehen bekommen, liegt an dessen Dämmerungs- und nachtaktiver Lebensweise. Tagsüber hält er sich gerne in Erdbauten auf, die er entweder selbst gegraben oder von Füchsen oder Dachsen übernommen hat.
Zu stoppen ist der bis zu 80 Zentimeter lange und bis zu 8,5 Kilogramm schwere Marderhund nach Auffassung von Experten nicht. Die Tiere haben eine hohe Reproduktionsrate von bis zu zwölf Jungen pro Wurf. Die jungen Marderhunde verlassen ihre Eltern schon nach wenigen Monaten. Sie suchen sich dann eigene Reviere. Dabei breiten sie sich räumlich schnell aus und streifen weit umher.
Als Allesfresser, die sich auch von Amphibien, Fischen, Eiern, jungen Vögeln oder kleinen Säugetieren ernähren, können Marderhunde nach Einschätzung von Artenschutzexperten zur Gefahr für heimische Tiere werden.