Von Reittherapie bis Schulunterricht mit Hunden: Es gibt zahlreiche Tiergestützte Angebote, bei denen Tiere helfen oder Freude bereiten sollen. Die Uni Gießen will vermitteln, was es dabei zu beachten gibt.

Pferde helfen behinderten Menschen, Hunde bespaßen Kindergartenkinder und kuscheln mit Heimbewohnern. Hessenweit sind Tiere im Einsatz, um Menschen zu unterstützen oder für eine Weile glücklicher zu machen. Um solche „tiergestützten Angebote“ kümmert sich jetzt die Uni Gießen. Die Hochschule bietet einen Weiterbildungskurs an, bei dem die Teilnehmer lernen, was sie dabei alles beachten müssen – und wann ihr Tier von Streicheleinheiten genug hat.

Keine standardisierte Ausbildung

Ob Therapiestunden mit Pferden und Eseln, Ponyausflüge für Kindergärten, Hundebesuche bei Demenzkranken oder Führungsseminare mit Hengsten – die tiergestützten Angebote sind vielfältig. Das gilt auch für die Qualifikation der Anbieter: Es gibt keine staatlich anerkannte und standardisierte Ausbildung, wie Studiengang-Koordinatorin Katharina Ameli sagt. „Unser Ziel war es, eine standardisierte Ausbildung in Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen anzubieten.“

Darum kümmert sich nun das Gießener Institut für Soziologie in Zusammenarbeit mit der Tiermedizin. Mit dabei sind auch Dozenten aus den Rechts-, Erziehungs- oder Wirtschaftswissenschaften, Psychologie und Ethik. „Wir arbeiten interdisziplinär, das ist uns ganz wichtig“, sagt Ameli (30). „Ebenso, dass Theorie und Praxis eng miteinander verbunden sind.“

Tiergestützte Angebote

Seit wenigen Wochen läuft der erste Weiterbildungskurs, an dessen Ende eine Prüfung sowie ein Hochschulzertifikat stehen. Es gehe auch um eine Ergänzung des ehrenamtlichen Angebots. Ein Jahr lang bekommen die maximal 24 Teilnehmer die nötigen Kenntnisse vermittelt, von Rechts- und Haftungsfragen bis hin zu den Grenzen ihrer Tiere.

„Tiergestützte Angebote im schulischen oder therapeutischen Bereich sind unterstützende Maßnahmen, aber kein Allheilmittel“, sagt Ameli. Tiere könnten aber beispielsweise Demenzkranken mehr Lebensqualität schenken. Mit Hunden im Klassenzimmer gebe es ebenfalls positive Erfahrungen.

Harte Arbeit für die Hunde

Bei ihren Einsätzen stehen die Tiere im Zentrum der Aufmerksamkeit, werden ständig gestreichelt und müssen mitunter, in Kitas etwa, Lärm aushalten. „Die Einsätze sind teilweise für die Tiere sehr harte Arbeit“, erklärt Anja Dulleck (34), Mitarbeiterin an der Gießener Professur für Tierschutz und Ethologie (Verhaltensforschung). Immer geknuddelt zu werden – das fänden viele Tiere gar nicht toll.

Deshalb soll den Kurs-Teilnehmern auch beigebracht werden, auf die Signale ihrer Tiere zu achten, wenn diese Stress zeigen. „Tiere kriegen den psychologischen Zustand eines Menschen mit. Das ist ein Vorteil für diese Art der Arbeit. Aber das ist auch etwas, das die Tiere anstrengt.“ Deswegen sei es wichtig, dass sie Pausen bekämen und der Besitzer erkenne, wann das Tier diese brauche. Und: „Die Grundvoraussetzung ist, dass je nach Einsatz die richtige Tierart ausgewählt wird.“

Auch der Charakter des Tieres müsse beachtet werden, erklärt Dulleck. „Man muss ein Tier auswählen, das eher auf Menschen zugeht und eher gestreichelt werden will.“ Zudem sei es unerlässlich, Hunde und Co. auf ihre Aufgabe gründlich vorzubereiten.

Lernen für Praxis und Theorie

Kurs-Teilnehmerin Maria Eigenbrodt erhofft sich von der Weiterbildung nicht nur zusätzliches Grundlagenwissen zu rechtlichen, ethischen und veterinärmedizinischen Aspekten, sondern auch neue Ideen für die Praxis. Bereits seit sechs Jahren nimmt die Lehrerin einer Grünberger Förderschule ihre beiden Hunde mit zum Unterricht. Nun seien Hühner hinzugekommen, erzählt die 31-Jährige. Das sei auch ein Beweggrund gewesen, die Weiterbildung zu machen. „Mir geht es darum, mich in dem Bereich weiter zu professionalisieren.“

Hunde im Unterricht sind eine Bereicherung

Eigenbrodts Erfahrungen bisher: „Die Anwesenheit der Hunde bereichert den Unterricht total.“ Ihre Schüler geben den Tieren Wasser, Futter und absolvieren Bewegungsübungen mit ihnen. Das fördere bei den Kindern Verantwortungs- und Körperbewusstsein und ermögliche auch soziale Anerkennung. „Es ist cool für die Kinder zu sagen: Wir sind die Hunde-Klasse.“

Tiergestützte Angebote – würde euer Liebling da mitmachen?

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