Dog-Sharing – einen Hund teilen wie eine Wohnung oder ein Auto? Beim Dog-Sharing treffen Hundebesitzer mit wenig Zeit auf Menschen, die sich kein eigenes Tier anschaffen wollen oder können. Für Halter und Sharing-Partner ein Gewinn – und für den Hund?

Als Sophie Seifert im Internet eine Anzeige zum Thema Dog-Sharing schaltete, wusste sie noch gar nicht, dass es den Begriff gibt. „Ich habe überlegt, wie ich das eigentlich nennen soll.“ Ihre Junghündin Ronja hatte sie ein paar Wochen zuvor aus Rumänien bekommen, vermittelt über eine Tierschutzorganisation. Schnell merkte sie, dass sich die Hundehaltung zeitlich nicht ganz mit ihrem Studium vereinbaren lässt. „Meine Eltern haben nicht so viel Zeit“, erklärt die 21-Jährige, die noch zu Hause wohnt. Deshalb suchte sie im Internet nach jemandem, der den Hund ein paar Stunden in der Woche betreut, während sie in der Uni ist.

Die Abmachung beim Dog-Sharing

Er ist weiterhin mein Hund

Und fand Hilfe: Inzwischen kümmert sich eine Doktorandin an den Tagen um Ronja, an denen Seifert länger Kurse hat. „Ich staune über die hohe Resonanz“, sagt die Hundebesitzerin. Ausschlaggebend war schließlich, dass ihre neue Dog-Sharing-Partnerin in der Nähe wohnt und tagsüber auf Ronja aufpassen kann. „Wir haben ähnliche Vorstellungen, wie der Hund erzogen wird. Es ist weiterhin mein Hund, aber sie wird ihn ein paar Stunden pro Woche haben“, fasst sie die Abmachung zusammen.

Das ist ein neues Geschäftsmodell, nur dass man es jetzt nicht mit einem Auto oder einer Wohnung zu tun hat, sondern mit einem Lebewesen mit Gefühlen und einer Psyche

Dog-Sharing, Teilzeithund, Leihhund – die Modelle haben unterschiedliche Namen, aber ein ähnliches Prinzip: Mehrere Besitzer teilen sich ein Tier. Private Arrangements wie das von Sophie Seifert existieren genauso wie kommerzielle Angebote. Dabei bringen Vermittlungsplattformen zum Beispiel Hundebesitzer, die Unterstützung suchen, mit Leuten zusammen, die sich zeitweise um einen Hund kümmern möchten. Es gibt aber auch Firmen, die mehrere Hunde besitzen und diese gegen Gebühr stunden-, tage- oder sogar jahresweise vermieten.

Wer sich den Hund mit jemandem teilt, sollte genaue Absprachen treffen.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert

Ist Dog-Sharing für den Hund gut?

Was der Hund von diesen Arrangements hat, ist fraglich. Heidi Bernauer-Münz von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) ist skeptisch: „Das ist ein neues Geschäftsmodell, nur dass man es jetzt nicht mit einem Auto oder einer Wohnung zu tun hat, sondern mit einem Lebewesen mit Gefühlen und einer Psyche“, sagt sie. Kommerzielles Dog-Sharing ist ihrer Meinung nach daher grundsätzlich abzulehnen. Es müsse immer eine Person geben, die die Verantwortung übernimmt und für den Hund da ist.

Wenn man wenig Zeit hat und sich einen Gassigeher nimmt, ist das eine Win-Win-Situation

Denn ständig wechselnde Bezugspersonen und Umgebungen bedeuteten Stress für Hunde. Das hat auch Hundetrainerin Julia Dittmers erlebt. „Man muss sich überlegen, ob das wirklich sein muss“, sagt sie deshalb. Allerdings kann sie nachvollziehen, dass manche Hundebesitzer sich aus Zeitmangel Unterstützung suchen. Das ist laut Bernauer-Münz auch gar nicht das Problem: „Wenn man wenig Zeit hat und sich einen Gassigeher nimmt, ist das eine Win-Win-Situation“, findet sie. Der Hund hat Beschäftigung, ein Gassigeher, der selbst keinen Hund halten kann, freut sich über die Spaziergänge, und der Hundebesitzer ist entlastet.

In einer Familie hat ein Hund ja auch verschiedene Bezugspersonen

Konfliktpotential bei Dog-Sharing

Wie oft und wie lange der Hund bei einem anderen Herrchen oder Frauchen bleiben kann, hängt vom Einzelfall ab. „Es kommt auf den Hundetypus an“, erklärt Dittmers, die auch Vorsitzende beim Berufsverband zertifizierter Hundetrainer (BVZ) und Inhaberin einer Hundeschule ist. „In einer Familie hat ein Hund ja auch verschiedene Bezugspersonen“, sagt sie. Allerdings bleibt das Umfeld hier gleich. Für einen sensiblen Hund, der länger braucht, um Vertrauen aufzubauen, kann der Wechsel von Bezugspersonen und Umfeld schwierig sein.

„Es gibt Hunde, die sich mehreren Menschen problemlos anschließen und Hunde, die einfach alle Menschen gut finden“, pflichtet Bernauer-Münz ihr bei. Allerdings warnt sie vor dem Konfliktpotential, das ein Teil-Modell birgt. „Man baut eine emotionale Bindung zu dem Hund auf, da sind Konflikte programmiert“, glaubt sie. Wer zahlt bei Krankheiten? Wer haftet bei Unfällen?

Wenn man eigentlich keine Zeit hat, sollte man sich keinen Hund holen

„Das ist ähnlich wie bei einer Reitbeteiligung, man muss sich absprechen, wer sich an was beteiligt“, sagt Dittmers. Dazu gehören der zeitliche Umfang, aber auch die Kosten für Hundesteuer, Medikamente und Futter. Und: „Eine andere Person arbeitet ganz anders mit dem Hund, gibt andere Befehle“, erklärt Hundetrainerin Dittmers. Haben die verschiedenen Bezugspersonen unterschiedliche Erziehungsstile, sucht sich der Hund schnell das heraus, was ihm am angenehmsten ist.

Für wen kommt Dog-Sharing in Frage?

Für Sophie Seifert und ihre Hündin hat sich das Modell bisher bewährt: „Ronja ist sehr unkompliziert und freut sich über jedes Wesen“, sagt die Besitzerin. Und sie selbst kann sich an ihren langen Tagen nun ganz auf die Uni konzentrieren. Bernauer-Münz findet das vertretbar. Dass manche Leute Dog-Sharing von vornherein als Option sehen, mit wenig Aufwand einen Hund zu halten, lehnt sie aber ab: „Wenn man eigentlich keine Zeit hat, sollte man sich keinen Hund holen.“

Dog-Sharing kommt nicht in Frage?!
Dann vielleicht ein Dog-Walker?

Wäre Dog-Sharing etwas für dich? Würdest du deinen Hund teilen wollen? Sag deine Meinung!

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