Nein, er wollte nicht spielen, sondern den Bekannten nur richtig begrüßen. Statt lediglich zu schnüffeln und mit dem Schwanz zu wedeln, verpasste der Hund dabei dem Mann einen Kopfstoß. Mit den Folgen musste sich jetzt ein Gericht beschäftigen.

München – Das nennt man wohl tierische Freude: Camillo, ein dreieinhalb Jahre alter Schäferhund, stürzt sich zur Begrüßung mit Vehemenz auf den Bekannten seines Frauchens. Das Wiedersehen fällt so stürmisch aus, denn es gab einen Kopfstoß, dass der Rentner einen Gebissschaden erleidet – ein klarer Fall für die Hundehaftpflichtversicherung, denkt sich Frauchen. Doch die Assekuranz ziert sich. So kommt es am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München zu einer denkwürdigen Verhandlung.

Doch der Reihe nach. Camillo, unterwegs mit Frauchens Auto, hatte nach dem Öffnen der Kofferraumklappe den zweibeinigen Freund erspäht, als er auch schon heraus- und auf den Rentner zusprang. Sein mächtiger Kopf stieß voll ins Gesicht des Mannes, der sich gerade vor dem Haus die Schnürsenkel band – eine Zahnbrücke verschob sich nach innen, ihr Pfeiler brach heraus. Der 68-Jährige griff sich an den blutenden Mund und hatte das Ersatzteil in der Hand.

Camillos Frauchen war Zeugin der folgenschweren Begrüßung im Berchtesgadener Ortsteil Oberau am 6. Juni 2013. Sie machte eine Schadensmitteilung an ihre Versicherung – in voller Übereinstimmung mit dem Verletzten, mit dem die 50-Jährige seit neun Jahren – und immer noch – befreundet ist. Auch der Rentner ist ein großer Hundefreund, insbesondere von Schäferhunden, er züchtet sogar welche, erzählt er stolz am Rande seines Berufungsprozesses, in dem es um gut 5 500 Euro Schadenersatz und 1 500 Euro Schmerzensgeld geht. Er ist auch Camillo nicht gram.

Der Rüde habe erst nur rumgeschnüffelt, erinnert sich der Rentner. „Dann ist er blitzartig mit dem Kopf nach oben“. Camillo sei „ein total freundlicher Hund, wahrscheinlich ist er in seinem Eifer hoch geschnellt“. Die beiden Köpfe seien zusammengestoßen, „es gab einen Kopfstoß und einen dumpfen Schlag“, sagt die Hundehalterin, die den Anspruch des Rentners auf Schadenersatz und Schmerzensgeld voll anerkannte. Nur eben ihre Versicherung nicht.

Deswegen musste der 68-Jährige nun schon zum zweiten Mal vor Gericht ziehen. Gegen das erste Urteil des Landgerichts Traunstein hatte die Assekuranz Berufung eingelegt. Laut dieser Entscheidung sollte die Versicherung den Schaden voll ersetzen und vom geforderten Schmerzensgeld 500 Euro zahlen. Doch die Versicherung hatte einen schnöden Verdacht: Dass der Rentner sich seinen schon vorher schadhaften Zahnersatz auf ihre Kosten sanieren lassen wollte.

Denn der 68-Jährige ist kein regelmäßiger Besucher in der Zahnarztpraxis. Was den Vorsitzenden zu der Bemerkung verleitet, die Brücke sei „vielleicht nicht mehr die beste“ gewesen. Der Rentner hatte eingeräumt, er habe das Teil „vielleicht 35 Jahre“ im Mund. Die Prothese habe aber nie Probleme gemacht. Das scheint den Richter zu überzeugen: „Nach meiner Einschätzung kann man der Schilderung glauben, dass er die Brücke dadurch verloren hat“, meint der Vorsitzende. „Die Frage ist nur: Was kriegt er?“

Da wirft der Richter als Zahl „einfach mal so 3 000 Euro“ in den Raum. Die Parteien beraten sich und einigen sich schließlich auf genau 3 250 Euro. Der Betrag könnte ausreichen, das Provisorium durch eine dauerhafte Lösung zu ersetzen. Camillo bekam von der ganzen Sache übrigens nichts mit. Er erschien nicht zur Verhandlung.

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